6 statt 60

Ein Rechtsgelehrter kritisiert den Grundlagenvertrag zwischen DFL und DFB.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat sich von der mächtigen Bundesliga über den Tisch ziehen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt laut eines Bericht der „11 Freunde“ der Honorarprofessors für Sportrecht, Rainer Cherkeh. Es geht um den sogenannten Grundlagenvertrag, durch dessen Paragraphendschungel sich DFB und Deutsche Fußball-Liga (DFL) so gebahnt haben: 20 Millionen Euro gehen jedes Jahr von DFB an DFL, 26 Millionen zahlt die DFL an den DFB. Mit diesem Prinzip und einem daraus folgenden Saldo von sechs Millionen Euro verzichtet der DFB nach Ansicht des Juristen grundlos auf ihm zustehendes Geld.
Der 2001 geschlossene Grundlagenvertrag, der Rechte und Pflichten zwischen den beiden Verbänden beschreibt, sah ursprünglich vor, dass die DFL drei Prozent der Gesamteinnahmen aus TV- und Ticketvertrieb an den DFB zahlt. Der DFB erlaubt der DFL für diesen Pachtzins, die „Vermarktungsrechte eigenverantwortlich und exklusiv wahrzunehmen“. Die DFL ihrerseits kassiert zwischen 15 Prozent und 30 Prozent der Einnahmen aus der Vermarktung der A-Nationalmannschaft und erkennt damit die „Abstellungsverpflichtung der Spieler“ an.
Zahlung ohne echte Gegenleistung
Jurist Cherkeh findet, der Begriff „Abstellungsverpflichtung“ verdeutliche schon, dass es sich nicht um eine vom DFB zu bezahlende Überlassung der Spieler handelt. Es sei gerade „nicht richtig“, dass dem DFB nur dank des Grundlagenvertrags überhaupt die Möglichkeit eröffnet würde, seine Nationalspieler zu vermarkten. Ergo habe sich der DFB faktisch ohne echte Gegenleistung zu einer erheblichen jährlichen Zahlung an die DFL verpflichtet. Denn die „Vermarktungsrechte an seinen Auswahlmannschaften hält immer der Verband“. Wäre das nicht so, müsste der DFB auch für seine im Ausland unter Vertrag stehenden Nationalspieler Vermarktungsabgaben an die betreffenden Ligen zahlen. Tatsächlich spielen aber Männer wie Toni Kroos, Marc-André ter Stegen, Julian Draxler, Kevin Trapp, Sami Khedira, Ilkay Gündogan, Shkodran Mustafi oder Emre Can für Deutschland, ohne dass die Topligen aus Spanien, Frankreich und England deshalb Millionenabgaben vom DFB kassieren.
Cherkeh erklärt dem Magazin „11 Freunde“, der Verband habe mit allen Nationalspielern Athletenvereinbarungen getroffen, diese erhielten eine Vergütung dafür, dass der Verband mit ihnen werben darf. Die sei „eine ganz eigene Baustelle zwischen den Spielern und dem DFB, die DFL ist dabei außen vor“. Cherkeh rügt, die Regelung im Grundlagenvertrag widerspreche „der vereinsrechtlichen Pflicht des Vorstands zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung“.
Zudem monieren Kritiker, dass die im Grundlagenvertrag niedergeschriebenen drei Prozent der Einnahmen aus TV und Ticketing von DFL an DFB durch eine 2013 geschlossene, zunächst geheime Nebenabrede bei 26 Millionen Euro gedeckelt wurden. Drei Prozent von rund zwei Milliarden Euro (1,4 Milliarden Euro TV, 630 Millionen Ticketing) wären 60 Millionen Euro. Mehr als doppelt so viel also, als die DFL tatsächlich pro Saison an den DFB überweist – und im Gegenzug laut Jurist Cherkeh statt 20 Millionen Euro eigentlich keinen Cent zurückbekommen dürfte. Der Saldo müsste danach 60 Millionen Euro zugunsten des DFB betragen, zehn Mal mehr Geld, als tatsächlich fließt.