1. FC Köln: Standleitung zu Funkel

DEr Bundesliga-Check, Teil 8: 1. FC Köln Trainer Steffen Baumgart macht den Profis Beine - das kommt an. Aber die grundsätzlichen Probleme kann auch er nicht verscheuchen.
Seit Jahr und Tag hat Friedhelm Funkel dieselbe Handynummer. Das ist deswegen wichtig, weil einer vom 1. FC Köln, wer auch immer dann das Sagen hat, spätestens im April wieder beim diplomierten Feuerwehrmann anrufen und fragen wird, ob er mal eben den FC retten könnte. Wird er natürlich tun, der Friedhelm. Das macht er quasi so nebenher. Nein, bei aller Sympathie für den Traditionsklub mit herrlich offen ausgetragenem Selbstzerstörungspotenzial: Es wird wieder heikel für den 1. FC Köln - trotz eines neuen emotionalen Leaders an der Seitenlinie, trotz eines Trainers Steffen Baumgart.
Wie stark ist der Kader?
Individuell auf jeden Fall schwächer als in der Vorsaison, die Leistungsträger Sebastiaan Bornauw und Ismail Jakobs sind weg, Ellyes Skhiri auf dem Sprung und Sebastian Andersson, der Stürmer für den besonderen Relegationsmoment, hat weiter Knieprobleme. Gestandene Spieler wie Wolf, Rexhbecaj, Drexler sind weg. Und schon letztes Jahr haben die Kölner erschütternd schlecht Fußball gespielt, 17, zum Teil deftige, Niederlagen nicht vermeiden können und sich gerade so eben mit nur 33 Zählern in die Relegation gerettet. Mut macht das nicht.
Worauf steht der Trainer?
Baumgart will, wer hätte das gedacht, dem Publikum attraktiven Fußball bieten, das will ja jeder. Baumgart sagt im „Kölner Stadtanzeiger“: „Es kann ja nicht sein, dass ich in einer Stadt wie Köln in einem solchen Stadion Trainer sein darf, um mich dann hinten reinzustellen und zu hoffen, dass ich irgendwie ein Spiel gewinne.“ Deshalb hat er die Trainingsintensität enorm erhöht, er scheucht die Spieler mächtig, lässt sie nie zur Ruhe kommen. „Das Spiel ist erst aus, wenn der Schiri pfeift und ich nicht mehr brülle.“ Baumgart, der zuletzt mit dem SC Paderborn mutig nach vorne spielen ließ, staucht seine, bald sehr, sehr fitten Millionäre gerne zusammen: „Traben allein reicht nicht.“ Das geneigte Trainingspublikum spendet darob dankbar Applaus. Endlich zeigt`s denen einer.
Wo hapert es noch?
Die Kölner Baustellen sind auf der Linksverteidigerposition und im Sturm zu suchen und zu finden. Das war auch in der abgelaufenen Saison das Problem: Die Kölner erzielten nur 34 Treffer, nur Bielefeld und Schalke trafen noch seltener, dafür kassierten sie 60 Gegentore. Nur auf Schalke stand eine größere Schießbude.
Wer sticht heraus?
In erster Linie halt der Trainer: Baumgart ist fleißig, klar und analytisch in der Ansprache, er geht mit Feuereifer an die Mammutaufgabe heran. Es geht ja im Kern, auch nach den vielen personellen Querelen in der Chefetage, allein erneut um den Klassenerhalt, mehr ist nicht drin. Baumgart weiß das, doch er will nicht von seiner Philosophie abrücken. Noch ein Spruch gefällig? Bitte sehr: „Ich will im Stadion nicht zwei Mannschaften dabei zusehen, wie sie sich taktisch hin und herschieben, um dann aus einem Standard ein Tor zu machen. Das ist zwar alles legitim, es gibt ja keine Gesetze, wie der Fußball auszusehen hat. Aber es ist nicht das, was ich mir vorstelle.“ Bauen wird er auf die Haudegen Timo Horn im Tor, Jonas „Überall“ Hector, Mark Uth, den zurückgekehrten Stürmer, vielleicht auf den aus Wien geholten Sechster Dejan Ljubicic, womöglich auf Anthony Modeste, der viel verspricht, und auf Timo Hübers aus Hannover. Der ist Student und schreibt seine Bachelorarbeit in Wirtschaftswissenschaften über Gender Pay Gap, aktuelles Thema.
Wie geht´s dem Schatzmeister?
Naja, wie vielen Kollegen: schlecht. Schon im vergangenen Geschäftsjahr war die Bilanz rot eingefärbt, Corona hat den Klub 25 Millionen Miese eingebracht, das Umsatz-Minus beläuft sich inzwischen auf 65 Millionen. Der 1. FC Köln benötigte eine Landesbürgschaft (über 20 Millionen Euro): Zwar nahm der Klub durch den Verkauf von Bornauw (VfL Wolfsburg) und Jakobs (AS Monaco) etwa 23 Millionen ein, die müssen aber im wesentlichen helfen, das Corona-Minus auszugleichen.
Was ist drin?
Den direkten Abstieg werden die fröhlichen Rheinländer verhindern, wieder verhindern, Platz 16 und damit erneut die Relegation, Spannung sind sie ja gewohnt. Dazu wirkt der Kader insgesamt qualitativ nicht gut genug, selbst wenn der Teamgeist besser werden sollte. Und, wie gesagt, Friedhelm Funkel, ist im Notfall ja nur einen Abruf entfernt ...
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