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Ein Sport macht sich schwer

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Von: Jan Christian Müller

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Fußball-Bundesliga pausiert bis zum 30. April
Geisterspiele womöglich bis tief in den Herbst hinein und vielleicht sogar bis über das Jahresende hinaus. © Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Die Bundesliga legt nun all sein gesellschaftliches Gewicht auf die Waage, um so bald wie möglich wieder Spiele austragen zu dürfen. Bis zur Rückkehr von so etwas wie Normalität wird es aber im Fußball noch sehr lange dauern. Ein Kommentar.

Ob die Welt nach eines Tages dann überstandener Corona-Krise eine gänzlich andere sein wird, weiß gerade noch niemand so genau. Was die vielfach zu geradezu absurder Bedeutung aufgepumpte Welt des Profifußballs betrifft, sind zumindest grobe Vorhersagen etwas einfacher. Zumindest für die laufende und die kommende Saison.

Es wird notwendig sein, in der Kürze der Zeit völlig neue Allianzen zu schmieden und Denkmodelle zu entwickeln, Denkmodelle, gegen welche die Lobby der einen oder anderen Seite ansonsten mit einem Sturm der Entrüstung reagiert hätte: Bundesliga am Samstagnachmittag, Champions League am selben Abend zum Beispiel, weitere ersatzlos gestrichene Termine der Nationalmannschaften, einzelne Bundesliga-Begegnungen statt von einer Paywall geschützt plötzlich wieder im Free-TV (um das Volk flächendeckend zu erheitern), die Bundesliga-Konferenz frei empfangbar, Punktspiele im Zwei-Tages-Rhythmus, zur Not gar jeden Tag, Streichung der Winterpause, um den Terminplan in den gregorianische Kalender zu pressen, der auch im Post-Corona-Zeitalter vermutlich nur 365,25 Tage haben wird. Und: Geisterspiele womöglich bis tief in den Herbst hinein und vielleicht sogar bis über das Jahresende hinaus.

Noch kämpft der deutsche Profifußball mit offenbar zunehmender Zuversicht darum, die Saison 2019/20 bis Ende Juni durchpeitschen zu können. Und zwar, ohne die Eskalationsszenarien – jeden zweiten Tag für jede Mannschaft ein Spiel, Kasernierung der Kader an einem oder wenigen Standorten – überhaupt nur denken zu müssen. Um bis Ende Juni noch recht gemütlich neunmal neun Spiele absolvieren zu können, müsste es Anfang Mai dann schon wieder losgehen mit Spielen ohne Publikum.

Christian Seifert, der Chefkoordinator des Ganzen, sah am Dienstag bei der virtuellen Pressekonferenz nicht so aus, als hätten sich seine Zweifel zuletzt gemehrt, der komplexen Angelegenheit Herr werden zu können. Offenbar sind die vertraulichen Gespräche mit politischen Verantwortungsträgern so unheilvoll nicht verlaufen, wie die Pandemie es uns gerade erfühlen lässt. Offenkundig gibt es Wege, die Geisterspiele mit einem minimierten personellen Aufwand möglich machen, auf das Milch und Honig von den zahlenden TV-Anstalten dann wieder reichlich fließen können.

Der Profifußball hat sein Gewicht als gesellschaftlicher Faktor voll auf die Waage gestellt, um dem ausgerufenen Motto, das sich mit „Brot und Geisterspiele“ übersetzen lässt, gerecht zu werden. Wenn das überzeugend funktionieren soll, muss die Bundesliga die Menschen dabei mitnehmen, von denen gerade gut begründet erhebliche Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit erwartet werden.

Es hat ganz den Anschein, als sei die federführende Deutsche Fußball-Liga sich bewusst, dass ein Entgegenkommen der Politik, um den Unterhaltungsbetrieb Bundesliga wirtschaftlich zu stabilisieren, nicht zum Nulltarif zu haben ist. Dass dafür komplizierte Gespräche mit einem großen Zahlmeister wie allen voran Sky zu führen sind, ist unbenommen. Aber eine auch nur annähernd systemrelevante Rolle kann nur der beanspruchen, der dem Allgemeinwohl dient. Sonst muss er halt noch etwas warten,

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