Ruinenlust Bundesliga

Heidenheim gegen Bochum, Augsburg gegen Darmstadt und Schalke, Hertha und VfB Stuttgart in Liga zwei: Der Bundesliga droht Ungemach, die Traditionsklub sind in Gefahr.
Der Trümmertourismus ist ja auch ein spannendes Hobby, die Menschen fahren an historische Orte der Zerstörung und stellen sich mit wohligem Schaudern vor, wie es soweit kommen konnte. Sie streunen durchs nukleare Wasteland von Tschernobyl oder die Ruinen von Pompeij, wo es die tragischen Aschemenschen zu beglotzen gilt, so dass es den Betrachter gruselt und er sich seiner eigenen Lebendigkeit wieder bewusst werden kann. Ab und an muss das sein, als existenzielle Rückversicherung.
Die Reisesparte Fußball ist im Trümmertourismus nicht sonderlich ausgeprägt, aber wer weiß, vielleicht entwickelt sich da etwas. Potenzial ist da. Der Fußball hat schon immer mit dem Verfall kokettiert, und wem der Tauchausflug zum Wrack der Titanic zu aufregend und zu teuer ist, für den könnte die Trümmertruppe des SV Sandhausen eine Alternative sein oder der Rumpfkader des SV Meppen, und selbst diejenigen, die einen Ball nur schwerlich von einem Würfel unterscheiden können, denken automatisch: da könnt‘ ich auch noch mitkicken. Und die vergebene Chance da eben, die hätte sogar meine Oma gemacht.
Tradition am Abgrund
Der stärkste Zukunftsmarkt für die Ruinenlust ist jedoch die große deutsche Bundesliga, auch Beletage genannt. Das ist ein veralteter Immobilienbegriff, er stammt aus dem 17. Jahrhundert, und er passt sehr gut zu diesem dekadenten Laden, der so viel auf seine Tradition hält, die ihr aber nach und nach abhandenkommt.
Auf den beiden direkten Abstiegsplätzen der Bundesliga befinden sich gerade der FC Schalke 04 und Hertha BSC, der drittletzte Platz, der immerhin noch Chance auf späte Rehabilitierung in zwei Duellen gegen die drittbeste Zweitligamannschaft ermöglicht, wird vom VfB Stuttgart belegt. Große Namen, große Vereine. Vielleicht steigen alle ab. Vielleicht steigen stattdessen Darmstadt 98 und der 1. FC Heidenheim auf. Dann darf sich die Bundesliga auf Samstagnachmittage freuen, an denen es herrliche Ansetzungen gibt, Augsburg gegen Darmstadt zum Beispiel und Hoffenheim gegen Wolfsburg und Heidenheim gegen Bochum.
Eine gruselige Perspektive für die Vermarkter der Liga, die sich ja gerade um Investoren bemühen, um den Geldsäcken aus England irgendetwas entgegensetzen zu können. Der Trend ist da gerade überhaupt kein Friend, weil sich die Traditionsklubs schon seit Längerem reihenweise selbst versenken im Bemühen, der eigenen Bedeutung gerecht zu werden, derweil ihnen die neureichen und die schlauen Schaffe-Schaffe-Klubs den Rang ablaufen.
Da gilt es jetzt für die Deutsche Fußball-Liga, schnell zu handeln. Sie muss den möglichen Investoren die Räumlichkeiten zeigen, ihnen dabei aber den Blick auf die Tabelle verstellen. Schnell den Deal festzurren, bevor den Gästen auffällt, dass die Tapete abblättert und der ausgeschenkte Champagner umgefüllter Billigsekt ist. Und dass Union Berlin, RB Leipzig und der SC Freiburg oben stehen in der Tabelle, während Schalke, Hertha und Stuttgart am Abgrund wanken.
Asche auf ihrem Haupt.