Raus mit Applaus

Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg bringen dem Titelverteidiger FC Barcelona im Halbfinale der Champions League immerhin eine Niederlage bei. Das Finale in Turin wird aber verfehlt.
Für Almuth Schult schien es fast eine Selbstverständlichkeit, sich am Samstagabend auf den Zaun zu stellen und ein Humba anzustimmen. Denn so viele Zuschauer wie die Frauen des VfL Wolfsburg zu ihrem Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona lockten, haben selbst die Männer nur selten: 22 057 Augenzeugen erlebten in der werkseigenen Arena den Beleg, dass die Leistungsunterschiede im internationalen Frauenfußball zwischen dem Titelverteidiger aus Spanien und dem Herausforderer aus Deutschland doch nicht ganz so krass sind wie nach dem Hinspiel vermutet. Zwar schaffte es der Gastgeber erwartungsgemäß nicht mehr, das 1:5 zu drehen, dennoch war das 2:0 nach Toren von Tabea Waßmuth (47.) und Jill Roord (59.) einiges wert - auch wenn Barcelona nun am 21. Mai in Turin gegen Olympique Lyon das Finale bestreitet.
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„Wir haben unserer wahres Gesicht gezeigte“, sagte Torhüterin Schult. „Man kann sich freuen, dass wir vor solch einer Kulisse so ein gutes Spiel gezeigt haben.“ Der 31-Jährigen war anzumerken, dass ihr die Wiedergutmachung nach Abreibung bei den Katalanen besonders wichtig war. 45 Pflichtspielsiege in Serie hatten die Barca-Frauen hingelegt, die anfangs bei der Niedersachsen nicht mehr taten als nötig, am Ende aber fast noch in Bedrängnis gerieten.
Tommy Stroot verzichtet auf Alexandra Popp - das ist ein Zeichen
Langer Beifall regnete von den gut besetzten Rängen auf die couragierten VfL-Spielerinnen nach Spielende noch herab. „Es macht einfach Spaß zu sehen, dass sich in Deutschland etwas entwickelt“, sagte Torschützin Waßmuth, die sich aber abermals dafür empfahl, auch in der Nationalmannschaft eine tragende Rolle zu spielen – vielleicht eher als Kapitänin Alexandra Popp, die von Vereinscoach Tommy Stroot bezeichnenderweise erst einwechselt wurde.
Der VfL-Trainer hatte die richtigen Schlüsse aus dem Untergang vor 91 648 Menschen im Camp Nou gezogen. „Wir waren im Zentrum besser organisiert und geduldiger.“ Zugleich gab der 33-Jährige der Vereinsführung den dezenten Hinweis, für Auftritte in der Königsklasse vielleicht grundsätzlich die Arena nutzen zu dürfen. „Ich hoffe, dass wir im nächsten Champions-League-Spiel wieder Möglichkeiten haben, diese Zuschauerzahlen zu erreichen.“
Vier Topspielerinnen bereits verpflichtet
Der aus Enschede geholte Stroot wähnt sich am Mittelandkandal ohnehin erst am Beginn einer „wahnsinnigen Reise“. Die Transfers Jule Brand (TSG Hoffenheim), Merle Frohms (Eintracht Frankfurt), Marina Hegering (Bayern München) und Sara Agrez (Turbine Potsdam) unterstreichen seine Vision, „im nächsten Jahr in großen Spielen den nächsten Schritt zu gehen“. Vorerst aber sind noch ein paar nationale Hausaufgaben zu erledigen.
Am Mittwoch steht das Bundesliga-Nachholspiel bei der SGS Essen an: Mit einem Sieg würde der Vorsprung auf vier Punkte vor Verfolger FC Bayern anwachsen, das wäre zwei Spieltage vor Schluss die Vorentscheidung. Mindestens ebenso wichtig ist den „Wölfinnen“ der DFB-Pokal, der sieben Mal in Folge an die Niedersachsen ging. Am 28. Mai in Köln gegen Turbine Potsdam geht es zudem darum, der in die USA wechselnden Schult einen angemessenen Abschied zu bescheren. Wer die Meinungsmacherin, aber auch Stimmungskanone vom Mittellandkanal kennt, wird wissen: Bei einem Humba wird es dann nicht bleiben. mit dpa