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Neue Liebe zu Mainz 05

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Von: Jan Christian Müller

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Es läuft gerade rund bei Mainz 05, und die Menschen honorieren es.
Es läuft gerade rund bei Mainz 05, und die Menschen honorieren es. © dpa

Nach dem vierten Bundesligasieg in Folge schickt sich der FSV Mainz 05 an, sich für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren – es wäre der verdiente Lohn für sehr gute Arbeit.

Der Europapokal hat für Mainz 05 eine weniger bedeutsamere Tradition als, sagen wir, für Eintracht Frankfurt. Das bislang letzte Mal, dass sich die Nullfünfer in die Europa League geschossen hatten, endete geräuschlos mit einem 2:0 vor Minuskulisse bei Nebel im bedeutungslosen Spiel gegen Gabala FK aus Aserbaidschan. Beide Mannschaften waren bereits zuvor ausgeschieden, die Mainzer ein wenig unglücklich als Dritter hinter dem RSC Anderlecht und der AS Saint-Etienne. Dabei hatten die Nullfünfer nur eines ihrer Gruppenspiele verloren, auswärts in Anderlecht.

Seinerzeit coachte ein gewisser Martin Schmidt den FSV, der eine fulminante Vorsaison mit bedingungslosem Tempo-Umschaltspiel auf Rang sechs abgeschlossen hatte. Der Trainer von damals ist acht Jahre später Sportdirektor am selben Standort und traut sich nach dem vierten Bundesligasieg in Folge zu sagen, es sei gerade „alles gegeben“, um sich mal wieder für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren.

Sollte es soweit kommen, wäre das eine heroische Leistung von Trainer und Team. Denn nicht zu vergessen: Als Bo Svensson die Rheinhessen im Januar vor zwei Jahren übernahm, sah der Verein aus wie ein scheintoter Käfer auf dem Rücken, der nicht mal mehr mit den Beinen strampelte; zermürbt von Führungsstreitigkeiten, Trainerwechseln, Abstiegs-Abnutzungskampf und einem peinlichen Spielerstreik. Die Menschen in der - dank der Erfolgsgeschichte des Pharma-Startups Biontech - beispiellos florierenden Stadt begegneten Mainz 05 mit zunehmender Nichtachtung.

Mittlerweile ist der Turnaroud geschafft, gegen Hoffenheim kamen mehr als 28 000 Leute, die sich hinterher mehrheitlich selig in den Armen lagen. Bester Mann auf dem Platz war Leandro Barreiro, entscheidender Torschütze in dessen 100. Bundesligaspiel, seit seinem 16. Lebensjahr in Mainz, nachdem er im Probetraining schon einem gewissen Bo Svensson aufgefallen war. Gerade schickt sich ein weiteres Talent aus eigenem Hause an, auf Bundesliganiveau auffällig zu werden: Nelson Weiper heißt der junge Mann, 17 Jahre alt, der sich gegen Hoffenheim in zehn Minuten auffälliger verhielt als die hochdekorierten gegnerischen Stürmer kumuliert im ganzen Spiel.

Zusammen mit der TSG Hoffenheim und dem Red-Bull-Imperium kann der Nischenstandort Mainz zudem getrost von sich behaupten, ein idealer Standort für die Entwicklung von Fußballtrainern zu sein: Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Marco Rose, Bo Svensson. Der 43-Jährige mischt eine natürliche Autorität mit brennendem Ehrgeiz und landestypisch dänischer Lockerheit. Und siehe da: Am Samstag hat er sogar darauf verzichtet, jede noch so belanglose Schiedsrichterentscheidung zu kommentieren und sich voll auf seine Arbeit konzentriert. Es sieht gerade vieles gut aus bei Mainz 05.

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