Max Eberl voller Tatendrang

Max Eberl kehrt mit bemerkenswerten Geständnissen bei RB Leipzig ins Rampenlicht zurück
Es hat wohl einfach gut getan, die alten Bekannten zu treffen. Die Geschäftsführer Markus Aretz und Stephan Schippers, dazu sein direkter Nachfolger Roland Virkus begrüßte Max Eberl ausgesprochen fröhlich, als der Sportvorstand von RB Leipzig sich bis in eine hintere Ecke beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vorgekämpft hatte. Und vielleicht spürten die alten Mitstreiter von Borussia Mönchengladbach am besten, dass sie hier einem anderen Menschen begegneten. Einem, der im vergangenen Jahr viel Ballast abwerfen musste, um nun durch das Auftaktspiel zwischen RB Leipzig und Bayern München am Freitag (20.30 Uhr/Sat.1 und Dazn) ins Rampenlicht zurückzukehren.
Dass der mit einem klassischen Traditionsverein verknüpfte Manager nun einem Brauseklub mit sprudelnden Millionen-Zuwendungen aus einem österreichischen Getränkekonzern arbeitet, finden viele gewöhnungsbedürftig. Aber Fakt war, dass der gebürtige Bayer mit seiner Mission am Niederrhein an persönliche Grenzen gestoßen war. Die wohl deutlichsten Worte für seine Auszeit wählte der 49-Jährige dabei im Podcast „Phrasenmäher“. Es bewege ihn immer noch, in welche Gefühlswelt er abgedriftet sei, sagte Eberl, wie leer er gewesen sei: „Ich will diese negativen Emotionen nie mehr erleben. Ich wusste nicht mehr, wohin mit mir.“
Situative Depression diagnostizierten die Helfer, denen sich Eberl anvertraute. Und er ist dankbar für einen Freund aus Buenos Aires, der ihn nach Südamerika einlud. Über viele Gespräche, kleine Abenteuer auf einem Segelboot fand er wieder zu sich. Wer Eberl heute sieht, dem fällt auf: Da hat sich einer deutlich verschlankt. Ein vitaler Macher strotzt wieder vor Tatendrang und beteuert: „Es wäre Wahnsinn gewesen, in dieser Schiene weiterzumachen.“
Auch vor diesem Hintergrund ist seine scharfe Replik auf die Vorwürfe aus der Mönchengladbacher Fanszene zu betrachten: „Das war die schlimmste Verletzung, die mir jemals in meinem Leben zuteilwurde. Dass dir Menschen eine Lüge, Schauspiel und Theater unterstellen und mich gleichzeitig in das Licht stellen, dass ich kranke Menschen benutzen würde, um einen Vereinswechsel zu forcieren – mehr kranke Gedanken kann man nicht haben.“
Gleichzeitig verhehlt er nicht, dass ihn der damalige Leipziger Vorstandsboss Oliver Mintzlaff nach seinem Rücktritt sehr zeitnah kontaktiert habe – und dass es bereits nach dem Pokalfinale konkrete Verhandlungen gab, die im Spätsommer intensiviert worden sind. „Natürlich war mir bewusst, dass nicht jeder meine Entscheidung für RB verstehen würde. Aber: Es ist mein Leben“, betont Eberl, bei dessen Arbeitgeber sich viel getan hat: Mintzlaff verzog sich in die Red-Bull-Welt, genau wie dessen treuer Gefährte Florian Scholz, der als kaufmännischer Direktor viel Mitspracherecht hatte. Mit Christopher Vivell heuerte der Kaderplaner beim FC Chelsea an, so dass Eberl den Verein „in der sportlichen Führung recht schlank aufgestellt“ sieht. Möglich, dass er deshalb den vereinslosen Rouven Schröder noch an den Cottaweg lotst.
Leistungsträger gehen weg
Arbeit gibt es genug. Die sportlichen Ziele sind klar: In der Bundesliga wieder einen Champions-League-Rang erreichen, in der Königsklasse im Achtelfinale gegen Manchester City zumindest ordentliche Auftritte hinlegen – ein Weiterkommen erwartet niemand. Am Saisonende kündigen sich die Abschiede von Leistungsträgern an. Der Weggang von Topstürmer Christopher Nkunku zum FC Chelsea scheint verabredet, wofür aber immerhin eine sehr ordentliche Ablöse von 60 bis 70 Millionen Euro fließen soll. Mittelfeldkämpfer Konrad Laimer zieht es hingegen ablösefrei zu den Bayern.
Und dann ist da auch noch Edeltechniker Dani Olmo, bei dem spanische Großklubs im Sommer ernst machen könnten. Englands Topvereine werden womöglich um WM-Entdeckung Josko Gvardiol buhlen. Im Gegenzug stünden erhebliche Summen zur Verfügung, die reinvestiert werden könnten. Vorausgesetzt, Trainer Marco Rose tritt den von ihm selbst eingeleiteten Aufwärtstrend im neuen Jahr nicht mit Füßen. Dass Eberl jetzt mit einem Fußballlehrer zusammenarbeitet, den er selbst 2019 aus Salzburg nach Mönchengladbach holte, passt zur These, dass man sich in dieser Branche immer wieder begegnet. Nicht nur bei offiziellen Empfängen.