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Manchester City: Ein neues Zeitalter

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Von: Thomas Kilchenstein

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Lässt er sich schon was fürs Finale einfallen: Pep Guardiola.
Lässt er sich schon was fürs Finale einfallen: Pep Guardiola. © AFP

Eigentlich ist dem mit den Milliarden aus Abu Dhabi gepamperten Klub der Champions-League-Triumph nicht mehr zu nehmen - wäre da nicht Pep Guardiola. Ein Kommentar.

Den einzigen und schwersten Gegner, den Manchester City, jetzt, nach dieser unfassbaren Demonstration der Stärke, fürchten muss, sitzt in den eigenen Reihen, er trägt schwarze Rollkragenpulli, Lackschuhe. Glatze. Und heißt Josep „Pep“ Guardiola. Das ist jetzt ein bisschen fies, hat aber den Hintergrund, dass der Meister des taktischen Grübelns zuweilen in seinem Elfenbeinturm und in dem Bemühen, den Faktor Zufall in diesem Spiel komplett auszuschalten, auf seltsame Ideen und Strategien kommt, die selbst sein Team überfordern. Kurz: Guardiola ist bestens beraten, seine Zauberfußballer im Champions League-Finale in Istanbul gegen ein jetzt schon bemitleidenswertes Inter Mailand einfach spielen zu lassen, ohne allen taktischen guadiolaesken Firlefanz. Aber bei einem Genie wie ihm weiß man ja nie, was es noch so ausheckt...

Dieses Manchester City, das am Mittwochabend Titelverteidiger Real Madrid nach allen Regeln der Kunst in seine Einzelteile zerlegt hat, ist ein Konstrukt nahe der Perfektion. Besser kann man im Grunde nicht Fußball spielen, so vollkommen, so flüssig, so ästhetisch, so dominant hat lange, lange keine Mannschaft mehr in einem Halbfinale aufgetrumpft. Das war Fußball von einem anderen Stern, Fußball aus der Zukunft.

Pep Guardiola, seit sieben Jahren in Manchester, hat mit Hilfe der Milliarden, die seit 2008 regelmäßig, ungebremst aus Abu Dhabi sprudeln - Financial Fairplay? Was ist das?- ein Ensemble geschaffen, das der „Manchester Evening Standard“ etwa als Elf „mit Köpfchen und Muskeln“ umschreibt. Intelligente, den Ball komplett beherrschende Alleskönner, die eine beachtliche Körperlichkeit mitbringen, eine auf das My austarierte Mannschaft, in der auf jeder Position der Beste seines Fachs spielt.

Das fängt im Tor an mit Ederson, geht über eine bombensichere Abwehr, in der Kyle Walker etwa Real-Sprinter Vinicius komplett aus dem Spiel nimmt, über Ruben Dias, den portugiesischen Innenverteidiger. Im Maschinenraum saugt Rodrigo alle Bälle auf, bestimmen haushoch überlegene Strategen Kevin de Bruyne und Ilkay Gündogan Rhythmus und Tempi des Spiels. Auf den Flügeln spielen richtige Außenstürmer, Jack Grealish und Bernardo Silva, die fintieren und dribbeln wie einst Garrincha, ständig Zweikämpfe provozierend. Und vorne drin steht der Vollender: Erling Haaland, die unbremsbare Tormaschine, die bisher 52 Saisontore erzielt hat, 52 in 49 Spielen. Ironie am Rande. Am Mittwoch ging er leer aus, selten genug. Und dieses Team kann es sich leisten, Phil Foden, Riyad Mahrez und den mit vier Toren maßgeblich am argentinischen MM-Titel beteiligten Julian Alvarez lange auf der Bank zu lassen.

Ohne Zweifel: Dieses Manchester City funktioniert wie ein Uhrwerk, präzise, fehlerlos, wie „elf Roboter“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ kommentierte, aber nicht seelenlos. Mittlerweile haben sie auch ihren lange verschnörkelten Stil, diese enervierend sinnfreie Ballzirkulation früherer Tage variiert, sind endlich zielgerichteter, noch dominanter. City erdrückt Widersacher förmlich.

ManCity ist derzeit das Maß aller Dinge. Sie stehen vor dem Triple aus Meisterschaft, Pokal und eben Champions League. Ein neues Zeitalter ist eingeläutet - es sei denn Mastermind Pep, der zuletzt zehnmal gescheitert ist beim Griff nach dem Henkelpott, denkt sich noch was Geniales aus.

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