Mainz 05 bleibt dank Barreiro im Flow

1:0 gegen die TSG Hoffenheim ist schon der vierte Sieg in Folge für Mainz 05, der Vater des Erfolgs heißt Bo Svensson
Bo Svensson ist zeitig zum Heimsieg gegen die TSG Hoffenheim aus dem Bett gekrabbelt. So kam es am Samstag, dass der Trainer des FSV Mainz 05 den vierten Erfolg nacheinander vor Ort miterleben durfte und nicht mit Grippe daheim im Fernsehen gucken musste. Die Nullfünfer sind gerade das Team der Stunde. In der Jahrestabelle 2023 belegen sie einen Champions League-Platz. Und im echten Klassement der Fußball-Bundesliga rücken sie so langsam den Etablierten dort vorn auf die Pelle. Nächsten Samstag noch ein Sieg bei Hertha BSC - und Mainz 05 wäre ein ernsthafter Anwärter auf Europa.
Das größte Lob gebührt dabei sicher dem Trainer. Bei Svensson handelt es sich um eine unbestrittene Autorität. Gut zwei Jahre leitet der 43-Jährige mittlerweile die Mainzer Fußballprofis an. Der sensationelle Klassenerhalt, als der Däne die Nullfünfer im Winter vermeintlich abgeschlagen auf dem vorletzten Platz übernahm und ins sichere Mittelfeld hievte, wurde seinerzeit auch überregional wahrgenommen. Tenor: Mannomann, schon bemerkenswert, was dieser Svensson bei seinem ersten Bundesliga-Trainerjob mit einer zuvor ziemlich kaputten Mannschaft auf die Reihe bekommen hat.
Seitdem navigierte der robuste ehemalige Innenverteidiger die Rheinhessen - für den Rest der Republik fast unsichtbar - durchs Mittelfeld der Bundesliga. Mal gewinnen die Mainzer, mal spielen sie Unentschieden, mal verlieren sie - und kaum jemand nimmt Notiz davon. Vergangene Saison wurden sie heimlich respektabler Achter vor Hoffenheim, Gladbach, Frankfurt und Wolfsburg. Finanzieller Aufwand und sportlicher Ertrag bewegen sich in einem kerngesunden Verhältnis.
Mainz 05 ist auf leisen Sohlen unterwegs
Zuletzt nun hat die Siegesserie nicht nur dafür gesorgt, dass der FSV Mainz 05 sich auf leisen Sohlen an die europäischen Plätze heranschleicht. Sondern dass sogar die „Bild“-Zeitung Trainer und Team respektvoll eine ganze Seite freigeräumt hat. Und tatsächlich ist es so, dass die Erfolge von überzeugenden Leistungen begleitet war. Anders als zu Saisonbeginn, als man Svensson nach mühsamen Siegen nur mittelmäßig gelaunt antraf.
Martin Schmidt hat klug eingekauft
In der Winterpause hat Sportdirektor Martin Schmidt besonders klug eingekauft und ist gleichzeitig den sechs Millionen Euro teuren Fehleinkauf Angelo Fulgini sogar mit einem kleinen Gewinn wieder losgeworden. Dazu kamen der kompromisslose und führungsstarke norwegische Verteidiger Andreas Hanche-Olsen und der baumlange Mittelstürmer Ludovic Ajorque. Beide eroberten sich umgehend Stammplätze und fügten sich nahtlos ein. Drei Mainzer Profis gehören zu den treffsichersten neun Bundesligaspielern der ersten sieben Spieltage dieses Jahres - der Südkoreaner Jae-Sung Lee (fünf Tore) und seine beiden Angriffskollegen Karim Onisiwo und Marcus Ingvartsen (je vier ) - was sicher auch damit zu tun hat, dass Zielspieler Ajorque ihnen Räume freiarbeitet.
Gegen Hoffenheim traf Mittelfeldspieler Leandro Barreiro zum entscheidenden Tor schon vor der Pause zum verdienten Sieg. Es war das 100. Bundesligaspiel des Nationalspielers aus Luxemburg, Der 23-Jährige wurde von Svensson schon als Jugendspieler gecoacht, nachdem er als 16-Jähriger zu Mainz 05 gewechselt war. Nach dem Sieg wurde der nimmermüde Mittelfeldspieler, eine vorbildliche Arbeitsbiene, von den Fans nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. „Ein perfekter Tag“, sagte Barreiro danach.
Bo Svensson handelt konsequent nach Leistung
Auffällig ist die Konsequenz, mit der Svensson seine Mannschaft führt. In aller Nüchternheit weist er auf das Leistungsprinzip hin und handelt auch danach. So kam es, dass Stammtorwart Robin Zentner und Vizekapitän nach seiner Rückenverletzung nicht sofort zurück ins Tor durfte, weil Stellvertreter Finn Dahmen dort sehr zufriedenstellende Arbeit abgeliefert hatte. Und genau deshalb saß auch Rechtsverteidiger und Kapitän Silvan Widmer zuletzt auf der Bank, nachdem er sich nach einer Oberschenkelverletzung wieder gesund zurückgemeldet hatte. In der Zwischenzeit erledigte Danny da Costa den Job auf Widmers Position derart überzeugend, dass Svensson keinen Anlass zum Rücktausch sah. So auch gegen Hoffenheim, als Widmer erst in der Schlussphase für da Costa kam.
Auch Mittelfeldspieler Anton Stach und Linksverteidiger Aaron Martin ,finden sich öfter auf der Bank wieder als ihnen beliebt. Offenbar versteht es Svensson besonders gut, den Konkurrenzkampf leistungsfördernd zu moderieren.
Nelson Weiper ist ein Versprechen für die Zukunft
Und jetzt hat er es auch noch geschafft, seinem eigenen Anspruch gerecht zu werden und Talente aus dem eigenen Nachwuchs hochzubringen. Der erst 17-jährige Stürmer Nelson Weiper traf beim 4:0 gegen Borussia Mönchengladbach gleich nach seiner Einwechslung. Gegen Hoffenheim war er binnen zehn Minuten fast ebenso auffällig und scheiterte in der Nachspielzeit nur am TSG-Keeper Oliver Baumann, weil dieser prächtig reagierte. Mainz 05 ist gerade nicht nur eine klasse Nummer in der Gegenwart, sondern auch ein Versprechen auf die Zukunft. S
Sportdirektor Martin Schmidt - der als Trainer die Nullfünfer letztmals Mitte des zweiten 2000er Jahrzehnts in die Europa League führte - traut sich inzwischen zu sagen: „Wenn alles passt, ist vieles möglich.“ Derzeit sei „alles gegeben dafür“. Denn die Mannschaft funktioniert wie ein Uhrwerk in seiner Heimat, der Schweiz.