Kommentar: Haaland nicht zu halten

Die Bundesliga verliert eines ihrer Zugpferde. Aber jeden Millionen-Irrsinn muss man ja auch nicht mitmachen. Ein Kommentar.
Es war so etwas wie der letzte verzweifelte Versuch, den Christian Seifert im September vergangenen Jahres als Noch-Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) unternahm, die schwindende internationale Strahlkraft der Bundesliga zu bekämpfen. Nicht grundlos plauderte der Badener auf der Hauptbühne des Sportbusiness-Kongresses Spobis darüber, was ihm ein internationaler Vermarktungsprofi geraten hatte: „Ich gebe euch einen guten Tipp: Legt alle zusammen und haltet Haaland!“ In dieser kernigen Aussage steckte viel Inhalt.
Typen wie Erling Haaland sind es, für den Fernsehsender die hohen Summen für die Rechte zahlen, für die Besucher:innen in die Stadien kommen. Ältere Semester bewundern solche Himmelsstürmer, von denen sich die jungen Fans dann die Poster ins Kinderzimmer hängen. Ohne solche Typen wird die Bundesliga immer mehr junge Konsumenten an die vor Topstars triefende Premier League verlieren. Der Norweger ist eine Naturgewalt, unfassbar torgefährlich, unglaublich durchsetzungsstark und ungeheuer schnell – und als gesamte Erscheinung ist er ein Ausnahmefußballer mit aberwitzigem Vermarktungspotenzial.
Seifert hat natürlich gewusst, dass Borussia Dortmund wegen der Ausstiegsklausel die Hände gebunden waren, aber vielleicht hat er damals noch gehofft, dass der FC Bayern alles Geld zusammenkratzen würde, um den 21-Jährigen wenigstens nach München zu lotsen. Doch was mit Robert Lewandowski gelang, war jetzt schlicht nicht mehr darstellbar. Das gesamte Paket mitsamt irrwitziger Provisionen, Handgeldern und Zusatzvereinbarungen ist in diesem Fall so teuer, dass der deutsche Branchenprimus sein gesamtes Festgeldkonto hätte plündern müssen – und vermutlich hätte das nicht gereicht.
So gerne Bayerns Finanzchef Jan-Christian Dreesen mit Unterstützung des Sportartikelgiganten Adidas diesen Deal gestemmt hätte: Gegen die unendliche Finanzkraft von Manchester City war kein Ankommen. Haaland haut also im Sommer ab, er wird sich beim Heimspiel gegen Hertha BSC anständig verabschieden und hat dann in zweieinhalb Jahren für die Bundesliga tiefere Spuren hinterlassen als eine Menge Mitläufer in mehr als einem Jahrzehnt. Seine Verpflichtung im Winter 2020, kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie zeugt von der Weitsicht, mit der die Schwarz-Gelben auf einem immer schwierigeren Markt unterwegs sind.
Adeyemi im Anflug
Auch diesmal hat der BVB mit Karim Adeyemi gleich einen Nachfolger parat, der wie Haaland bei RB Salzburg durchgestartet ist. Dadurch, dass der auch bei Bundestrainer Hansi Flick hoch im Kurs stehende Angreifer fast die Hälfte der 75 Haaland-Millionen verschlingt, lastet eine Menge Druck auf dem 20-Jährigen. Sollte er allerdings seine Anlagen beim BVB entfalten können, hätte das was: Der in München geborene Adeyemi trug in ganz jungen Jahren das Bayern-Trikot, verzapfte aber als ungezogener Junge so viel Unsinn, dass ihn der Rekordmeister wegschickte. Eine Begebenheit, die dem Rekordmeister vielleicht noch teuer zu stehen kommt.