Zum Teufel aber auch

Der 1. FC Kaiserslautern macht sich zur Geißel des Geldes. Ein Kommentar.
in seiner Freizeit nimmt Flavio Becca gerne mal Wildschweine ins Visier. Der 56-jährige Bauunternehmer aus Luxemburg, ähnlich wohlgenährt wie wohlhabend, ist passionierter Jäger, er greift regelmäßig zum Gewehr, um in den Wäldern des Großherzogtums auf Beutezug zu gehen. Seit einigen Wochen hat es den Mann mit italienischen Wurzeln gen Osten verschlagen, nach Deutschland, in die Pfalz. Diesmal mit einem weitaus spezielleren Ziel als bloß einem schnöden Wildschwein: den Roten Teufeln.
Seit Donnerstag ist es beschlossene Sache, dass Becca beim bis in die fußballerische Drittklassigkeit abgestützten 1. FC Kaiserslautern als Investor einsteigt. 2,5 Millionen Euro als Soforthilfe, um die drohende Insolvenz zu vermeiden, weitere 25 Millionen Euro verteilt auf fünf Jahre. Klingt erstmal ganz nett dieser Geldregen für den Traditionsklub vom Betzenberg. Kurzfristig, das bestimmt. Mittel- und langfristig scheint ein weiteres unwürdiges Gezerre um Macht und Millionen aber kaum vermieden werden zu können.
Denn letztlich machten sich die Lauterer mit seiner Wahl für Becca – und gegen eine regional-verwurzelte Investorengruppe – zur Geißel des Geldes. Nicht die Vereinsbosse, nicht die fünf Beiratsmitglieder trafen die Entscheidung, sondern der Vermarkter Lagadere und vor allem der Finanzdienstleister Quattrex, der bereits in der Vergangenheit mit Krediten in Höhe von sechs Millionen Euro ausgeholfen hatte. Der Einfluss auf die Vereinspolitik war entsprechend gewaltig, hatte das bei Stuttgart ansässige Unternehmen doch ansonsten seinen Rückzug angedeutet, gleichbedeutend mit der Insolvenz für den FCK. Das kann man schon mal Erpressung nennen. Tut zurzeit nur niemand.
Der 1. FCK als Spielball
Vielmehr soll durch den Investoreneinstieg eine Aufbruchstimmung erzeugt werden, Erinnerungen an erfolgreiche Zeiten des vierfachen Meisters und Träume von der Rückkehr in die zweite oder erste Liga geweckt werden. Dabei ist Becca kein gönnerhafter Mäzen wie zum Beispiel Dietmar Hopp bei der TSG Hoffenheim, der mit seinem Klub seit jeher emotional verbunden ist. Becca dagegen, dessen Imperium über 80 Gesellschaften in verschiedensten Wirtschaftszweigen umfasst, dem der luxemburgische Dauermeister F91 Düdelingen gehört, der sich einst für drei Jahre ein topbesetztes Radsportteam leistete, leiten knallharte Eigeninteressen. Am Montag hatte er mit Lauterns Oberbürgermeister über den Verkauf des Fritz-Walter-Stadions und weitere lukrative Bauflächen im Stadtzentrum verhandelt. Den Machtkampf entschieden die Politik und ein Finanzdienstleister, der Verein und die treuen Fans waren nur der Spielball.
Beccas Plan sei es, „langfristig den Verein zu begleiten mit dem Ziel, in die Erste Bundesliga zurückzukehren“. Könnte klappen, das vielleicht, abschreckende Beispiele gibt es aber allemal – es seien Hasan Ismaik bei 1860 München und Michail Ponomarew in Uerdingen genannt. Beides wortgewaltige, mit prallem Geldbeutel ausgestattete Mäzene, beide bei Traditionsklubs, beide mittlerweile bei Fans und Vorständen gleichermaßen verhasst. Nicht unwahrscheinlich also, dass sie auch auf dem Betze den passionierten Jäger aus Luxemburg bald gerne wieder zum Teufel jagen würden.