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Inspiriert und willig

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Von: Jan Christian Müller

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Noch kein Spiel verloren als Bundestrainer: Hansi Flick.
Noch kein Spiel verloren als Bundestrainer: Hansi Flick. © dpa

Seit dem erfolgreichen Confederations Cup 2017 hat das DFB-Team von 19 Spielen gegen Kontrahenten aus dem Premiumsegment nur zwei gewonnen. Ein Kommentar

Statistik kann lügen, aber manchmal offenbart sie auch die Wahrheit. Die Wahrheit ist: Gegen große Gegner können die Deutschen nur noch selten siegen. Seit dem erfolgreichen Confederations Cup 2017 hat das DFB-Team von 19 Spielen gegen Kontrahenten aus dem Premiumsegment nur zwei gewonnen: einmal in letzter Minute gegen die Niederlande 2020, einmal gegen ein indisponiertes Portugal 2021.

Daran hat auch der neue Bundestrainer bislang nichts ändern können. Hansi Flick wurde landesweit bereits als eine Art Wundermann gefeiert. Das war nett, aber verfrüht. Denn in diesem Fall verführte die Statistik - 33:2 Tore binnen acht Spielen mit acht Siegen - dann doch zur Lüge: Es waren nämlich allesamt Erfolge gegen Halbstarke und Schwächlinge, die in Flicks Anfangszeit fielen und medial ein bisschen zu enthusiastisch gefeiert wurden. Das ist nicht seine Schuld.

Seitdem: Drei Partien, dreimal 1:1 gegen die Niederlande, Italien und England. Zwei gute Spiele, in Amsterdam und jetzt in München, ein schlechtes am Samstag in Bologna. Das ist okay. Wahr ist aber auch: Gegen die Niederlande hätte es in der Schlussphase unbedingt einen Strafstoß für die Gastgeber geben müssen, auf den der Schiedsrichter aus unerfindlichen Gründen nach Rücksprache mit dem überflüssigerweise eingeschalteten Videoassistenten verzichtete. Gegen England geriet die deutsche Mannschaft am Ende derart durcheinander, dass selbst eine 1:2-Niederlage im Bereich des Möglichen gewesen wäre. Zudem hielt Manuel Neuer wie hierzulande nur Manuel Neuer halten kann: Weltklasse.

Mit dem Torwart, davor dem unerschütterlichen Antonio Rüdiger, Joshua Kimmich im zentralen Mittelfeld und Thomas Müller auf der Zehn setzte Flick nur vier Spieler von Beginn an gegen England ein, die schon drei Tage zuvor gegen Italien der Startelf angehört hatten. Das ist also seine Achse, auf die er baut. Aber schon bei der EM 2021, dann auch im Fortlauf der Champions League und nun ebenfalls in Italien und gegen England hat Müller nicht so funktioniert, wie er sich das wohl auch selbst vorstellt. Die Achse ist also brüchig.

Müller sagte am Dienstagabend, er „fühle das Talent in der Mannschaft“. Das ist schön formuliert. Aber wie groß ist das Talent im Vergleich mit den Besten der Welt tatsächlich? Ehrlicherweise gibt es darauf zur Zeit eine pessimistische Antwort, die ihre Argumente aus der Statistik zieht. Und auch daraus, dass dieses DFB-Team zwar sicher inspiriert und willig genug ist, sich fürs Land zu verausgaben, aber riesigen Aufwand betreiben muss, um auf höchstem Niveau Tore zu erzielen.

Es gibt aber auch eine optimistische Antwort, die dem vorhandenen Talent weiteres Entwicklungspotenzial zutraut. Beides sind realistische Aussichten für eine bei den meisten Fans völlig zu Recht ungeliebte WM in Katar, bei der das deutsche Team schon einiges zeigen müsste, um für Begeisterung im eigenen Land sorgen zu können.

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