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Hannover 96 und die Ironie des Schicksals

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Von: Jan Christian Müller

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Nur wo? Eigentlich möchte Hannover 96 zurück in die Bundesliga.
Nur wo? Eigentlich möchte Hannover 96 zurück in die Bundesliga. © dpa

Die Vertrauenskrise beim Fußball-Zweitligisten Hannover 96 ist nicht neu, dennoch kam die Absetzung des weithin bekannten Geschäftsführer der Profifußball-Gesellschaft, Martin Kind, überraschend. Ein Kommentar.

In der Zweiten Fußball-Bundesliga befindet sich Hannover 96 schon wieder da, wo die Niedersachsen sicher nicht zu Hause sein wollen: nach einem Unentschieden und einer Niederlage in den Niederungen der Tabelle. Der Plan ist, mit der ambitionierten Verpflichtung des Fürther Aufstiegstrainers Stefan Leitl wieder zurück dorthin zu gelangen, wo sich der Traditionsklub heimisch fühlt: in der Bundesliga.

Doch oh weh: Begleitet wird der Stolperstart nun von einer krisenhaften Entwicklung, welche die tiefen Gräben zwischen eingetragenem Verein als Mutter der Profiabteilung und der Tochter dokumentieren. Die Vertrauenskrise ist nicht neu, dennoch kam die Absetzung des weithin bekannten Geschäftsführer der Profifußball-Gesellschaft, Martin Kind, überraschend. Der immer noch erstaunlich jugendlich daherkommende 78-Jährige will dagegen jetzt juristisch vorgehen.

Aber selbst, wenn das gelingen sollte, dürfte sich der erfolgreiche Hörgeräte-Unternehmer nichts vormachen: Sein geplantes Lebenswerk. Hannover 96 von den Fesseln der 50-+1-Regel befreit zu übernehmen, wird er nie und nimmer vollenden können. Dazu sind die gegenläufigen Kräfte, die jetzt noch einmal ganz besonders ihre Muskeln spielen ließen, schlicht zu stark - auch wenn deren von der Basis und den Ultras umjubelter Schultersieg nur vorläufig ist. Am Donnerstag wies der schwer irritierte und laut Selbstauskunft zuvor nicht informierte Aufsichtsrat nämlich kühl darauf hin, dass der Vorstand gar nicht berechtigt gewesen sei, Kind am Vorabend vor die Tür zu setzen. Chaos, wo man auch hinsieht.

Was immer bei diesen Scharmützeln nun herauskommt - Martin Kind hatte viel vor mit den 96ern, er schien vor zehn Jahren auf einem guten Weg: Mit Männern wie Lars Stindl und Jan Schlaudraff machten die Roten Europa unsicher, Kind glaubte, er könne es schaffen, aus einer regionalen Marke einen nationalen Player zu kreieren. Das ist nicht gelungen.

Zwischenzeitlich wähnte sich der Workaholic in seinem jahrzehntelangen Kampf um die Aufhebung der 50+-1-Regel (um die Geschäfte des Profifußballs unabhängig vom Mutterverein führen zu dürfen) vor einem Durchbruch. Das Bundesliga-Schiedsgericht entschied im Sommer 2011 auf Druck von Kind, dass Investoren, die 20 Jahre treu viel Kapital gegeben hatten, einen Klub nach den Beispielen Bayer in Leverkusen und Volkswagen in Wolfsburg komplett übernehmen dürfen. Doch vor zwei Jahren lehnte die Deutsche Fußball-Liga es ab, dass Kind sich - wie kurz zuvor Dietmar Hopp in Hoffenheim - die absolute Mehrheit sichert. Dafür, befand das DFL-Präsidium in der Begründung, habe Kind schlicht nicht genug Geld in Hannover 96 investiert. Die aktuelle Eskalation ist nun wahrhaft eine Ironie des Schicksals.

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