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Hamburger SV: Ein Dino als rüstiger Zombie

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Von: Jan Christian Müller

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Macher an der Elbe: Trainer Tim Walter und Manager Jonas Boldt.
Macher an der Elbe: Trainer Tim Walter und Manager Jonas Boldt. © IMAGO/Ulrich Hufnagel

Der Hamburger SV widersetzt sich der Unruhe im Klub und hat die Fans zurückgewonnen. Zum Aufstieg gibt es im fünften Zweitligajahr keine Alternative mehr.

Um die Berichte über den einstmals ruhmreichen Hamburger SV zu lesen, muss man in den einschlägigen Fachblättern nun schon seit fünf Jahren weit bis zur zweiten Liga durchblättern. Auch vor dem „Zündstoff-Gipfel“ („Sportbild“) beim SV Darmstadt 98 ist das nicht anders. Der „Kicker“ hat der Partie immerhin eine Doppelseite gewidmet. Der HSV ist nach wie vor eine beachtlich große Nummer, was das bundesweite Interesse angeht.

Eine weitere Enttäuschung im Kampf um einen der beliebten Aufstiegsplätze ist in der stolzen Hansestadt in diesem Jahr nicht eingepreist. Das knappe Scheitern in der Relegation im vergangenen Mai gegen Hertha BSC hat klugerweise nicht dazu geführt, dass nach Art des Hauses alles über den Haufen geworfen wurde. Stattdessen durfte der coole Sportvorstand Jonas Boldt mit seinem Vertrauten, dem Volldampf-Trainer Tim Walter, weiterarbeiten. Innerbetriebliche Opposition - Ex-Finanzvorstand Thomas Wüstefeld und Ex-Sportdirektor Michael Mutzel - sind Vergangenheit, und gerade kämpft Präsident und Ex-Nationalspieler Marcell Jansen mal wieder darum, dass ihm nicht selbiges widerfährt.

Investor Michael Kühne hat sich nämlich gerade wieder weithin vernehmlich via „Manager Magazin“ zu Wort gemeldet und sehr deutlich gemacht, wohin der Hase laufen soll, wenn es nach dem 85-Jährigen geht: Er wäre nach wie vor bereit, frische 120 Millionen Euro in den Klub zu pumpen, jedoch: „Vereinspräsident Marcell Jansen steht leider gegen mich; aber da gibt es momentan zwei Fraktionen. Die Schlacht ist noch nicht geschlagen.“ Das unabhängige HSV-Portal „Moin Volkspark“ interpretiert messerscharf: „Spätestens jetzt weiß jeder, dass Kühne sein Geld nur gegen Köpfe gibt.“

Klubikone Hrubesch bleibt

Die Mitglieder haben den von einer Abwahl bedrohten Jansen im Januar gestützt, im Aufsichtsrat ist die Stimmung gespalten. Wieder mal also sorgt der auf dem Platz stabile HSV für Schlagzeilen außerhalb des Rasengevierts. Dazu passen Schlagzeilen zur kürzlichen Fahrerflucht der Profis Jean-Luc Dompé und William Mikelbrencis, dazu passt auch der Kaugummi-Dopingprozess vorm DFB-Sportgericht gegen Abwehrspieler Mario Vukovic, der am 10. März in die dritte Verhandlungsrunde gehen soll. Immerhin gibt es auch gute Nachrichten: Nachwuchschef und Klubikone Horst Hrubesch steht unmittelbar vor der Verlängerung seines Vertrags bis 2025.

Walter und Boldt haben es derweil geschafft, die latente Unruhe nicht in eine sportliche Talfahrt münden zu lassen. Selbst bescheidene Auftritte wie am Sonntag gegen Arminia Bielefeld reichen zu einem 2:1-Sieg, eine Woche zuvor drehten die Rothosen einen 0:3-Rückstand bei Verfolger Heidenheim noch in ein 3:3. So viel Widerstandskraft kannte man aus den ersten vier Zweitligajahren beim HSV nicht.

Die Unterstützung der Fans, die in düsteren Zeiten schon mal für sichtbar viel Leerraum im Volksparkstadion gesorgt hatten, ist längst wieder auf Bundesliganiveau. Selbst gegen Bielefeld kommen fast 57 000. Walter weiß warum: „Die Leute wollen Spektakel sehen. Der Dino liefert großes Kino.“ Wobei er ja eigentlich schon tot ist, der gute, alte Dino, als er am 12. Mai 2018 nach 55 Jahren aus der Bundesliga abstieg und frustrierte Ultras für eine sechzehnminütige Spielunterbrechung und massive Polizeieinsätze sorgten. Aber auch als Zombie lebt es sich offenbar erträglich. Die Stützen des Teams heißen Daniel Heuer Fernandes (Torwart mit Darmstadt-Vergangenheit), Kapitän und Abwehrchef Sebastian Schonlau, Mittelfeldmann Ludovit Reis, Außen Bakery Jatta und Mittelstürmer Robert Glatzel. Die Mannschaft, sagt Walter, habe sich aber „extrem weiterentwickelt“. Zum Aufstieg gibt es keine Alternative.

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