Gut gebellt, Herr Magath

Es gehört zum Wettbewerb, ohne dass dieser gleich verzerrt wäre, dass man auf Gegner zu einem günstigen oder ungünstigen Zeitpunkt treffen kann: Magaths Vorstoß ist durchschaubar.
Wenn man Felix Magath in den vergangenen Wochen. Monaten, Jahren immer mal wieder zugehört hat bei der Bildung komplexer Schachtelsätze, bei denen er am Ende gar nicht mehr recht wusste, wie er sie angefangen hatte, dann fragte man sich regelmäßig: Was will der gute Mann uns denn da sagen?
Am Samstagnachmittag nach dem aus seiner Sicht ärgerlich spät kassierten 1:1 seiner Hertha in Bielefeld hat Magath, der Meister des Geheimnisvollen, zur Abwechslung mal wenig Interpretationsspielraum gelassen. Er sagte, um es hier abzukürzen, frei übersetzt: Die beim 1:3 in Mainz gerade aufreizend lustlosen Bayern sollen sich, bitte schön, nächsten Sonntag gegen Stuttgart gefälligst anstrengen und gewinnen, damit die Hertha nicht noch unnötig zittern muss.
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In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die Tabellensituation aber allemal hilfreich, um Magath zu entlarven. Es sollte ihm und seiner noch älteren Dame nämlich völlig schnurz sein, was die Bayern gegen Stuttgart anstellen. Denn es wäre gewiss ratsam, wenn Magaths Männer am Abend zuvor Mainz 05 schlagen würden. Dann könnte Stuttgart auch 10:0 in München gewinnen, ohne deshalb der Hertha noch lästig zu werden. Ergo: Gelänge den Berlinern kein Sieg gegen Mainz im heimischen Olympiastadion, sollten sie tunlichst den Mund halten und nicht die eigene Verantwortung für die unrühmliche Situation in der Tabelle auf andere schieben.
Das Glück des Spielplans
Denn es gehört zum Wettbewerb, ohne dass dieser deshalb gleich verzerrt wäre, dass man auf Gegner zu einem günstigen Zeitpunkt treffen kann: Etwa dann, wenn dort viele Kranke oder Verletzte fehlen oder wenn dieser gerade international schwer belastet war oder sich im Formtief befindet oder wenn er es eine Woche nach dem Titelgewinn mal nicht mit dem heiligen Ernst des Gewinnenmüssen angehen lässt.
Ehrlicherweise ist aber ohnehin nicht damit zu rechnen, dass die Bayern sich gegen Stuttgart noch einmal so nachlässig gebärden werden wie Samstag in Mainz - Ibiza-Trip hin oder her. Dazu hätte es Magaths mahnender Worte gar nicht bedurft. Daheim und in unangenehmer Erinnerung an die Schmach in Rheinhessen (nur sieben Bayern-Torschüsse bei 22 des Gegners!), dürfte der Meister den VfB weniger gnädig empfangen, als er Mainz 05 gegenübertrat. Das Schicksal des Spielplans meint es nicht gut mit den Schwaben: Die Bayern kommen ihnen eine Woche zu spät vor die Brust.
Viel mehr noch als der Branchenführer ist im Übrigen Mainz 05 gefragt, sich Samstagabend in Berlin aufrechter und widerstandsfähiger zu präsentieren als neulich beim schon zur Pause manifestierten 0:5 in Wolfsburg, Böse formuliert, könnte man da ja auch den Vorwurf erheben, die Nullfünfer hätten Wettbewerbsverzerrung betrieben, als sie sich von den Wölfen ohne erkennbare Gegenwehr auffressen ließen und diesen so unangemessen höflich den endgültigen Klassenerhalt zutrugen. Realistisch betrachtet, war Mainz halt gerade gerettet gewesen und hatte genauso Fünfe gerade sein lassen wie nun Bayern München. So ist es halt, das Fußballerleben. Kaum einer dürfte das besser wissen als der weise alte Mann der Bundesliga: Felix Magath.