Greuther Fürth: Der größte Kleine

Der Aufsteiger aus Fürth will die Topklubs der Bundesliga ärgern - das könnte gelingen, für den Klassenerhalt dürfte es dennoch nicht reichen.
Sie wissen es natürlich selbst am Ronhof in Fürth, „wir sind der große Außenseiter der Liga.“ Noch größer gar als die Bielefelds, Bochums, Union Berlins dieser Eliteklasse. Stefan Leitl, der Trainer, weiß es (siehe Zitat), die Spieler wissen es, Manager Rachid Azzouzi weiß es. Er aber entgegnet trotzig: „Wir wollen die Großen ärgern.“ Nicht nur die Bielefelds, Bochums, Union Berlins, versteht sich, sondern die ganz Großen, die Münchner, Dortmunder, Leipziger. Die FR wünscht: viel Erfolg.
Wie stark ist der Kader?
Trotz des Aufstiegs haben die Fürther zwei ihrer Besten verloren. Paul Jaeckel spielt jetzt für Union Berlin, Olympionik David Raum bald für die TSG Hoffenheim. Gerade der Verlust des linken Flügelmannes schmerzt, das beweist er gerade auch mit vielen, gefährlichen Vorstößen in Tokio. Im Gesamten ist der Kader sicher unterdurchschnittlich besetzt, einzelne Akteure aber stechen positiv heraus. Da wären zum Beispiel die erfahrenen Angreifer Branimir Hrgota und Havard Nielsen, die Offensivwuseler Paul Seguin und Julian Green oder die begabten Neuzugänge Adrian Fein und Gideon Jung.
Worauf steht der Trainer?
Nach dem feststehenden Aufstieg, dem Nervenspiel am finalen Spieltag, musste Stefan Leitl erstmal daheim bei der Familie durchatmen. Ein Treuebekenntnis zu den Franken trotz laufenden Vertrages vermied er. Abschiedsgedanken? Zweifel an der Erstligatauglichkeit seiner Truppe? Nein, nein, stellt der 43-Jährige klar, einfach platt sei er gewesen. Verständlich allemal. Der Ex-Profi (Nürnberg, Unterhaching, Darmstadt, Ingolstadt) ist ein Trainer, der wie ein Spieler denkt und manchmal auch agiert, der (fast) immer mitgeht, antreibt, motiviert. Bei Spielen ist er viel unterwegs an der Seitenlinie. Logisch also seine Vorgabe für die neue Runde: „Es muss jeder Spieler in jeder Einheit an seine maximale Leistungsgrenze gehen, damit wir als Mannschaft besser werden.“ Er macht es schließlich vor.
Wo hapert es noch?
Das Trainingslager in Österreich fiel zwischenzeitlich ins Wasser, Platzregen auf Platzregen, selbst auf den betonierten Parkplatz mussten die Fürther zur Körperertüchtigung ausweichen. Die Sturmhoffnung Jessic Ngankam kam von der Hertha und verletzte sich gleich schwer, Kreuzband- und Meniskusblessur, sehr lange Pause. Ansonsten, nun ja, mangelt’s halt an der Grundqualität des Personals, nur wenige bringen eine Bundesligareife mit. Heißt: Zusammen rennen, kämpfen und überraschen. Soll andernorts auch schon mal geklappt haben.
Zu- und Abgänge
Zugänge: Justin Hoogma (TSG Hoffenheim, Leihe), Adrian Fein (Bayern München, Leihe), Jessic Ngankam (Hertha BSC, Leihe), Gideon Jung (Hamburger SV), Nils Seufert (Arminia Bielefeld), Max Christiansen (Waldhof Mannheim), Luca Itter (SC Freiburg, Leihe verlängert).
Abgänge: Mergim Mavraj (Vertragsende), Marijan Cavar (Vertragsende), Paul Jaeckel (1. FC Union Berlin), David Raum (TSG Hoffenheim), Sebastian Ernst (Hannover 96), Alexander Lungwitz (FC Würzburger Kickers).
Wer sticht heraus?
Branimir Hrgota, 28, Kapitän, bundesligaerfahren (104 Spiele, zwölf Tore), gefährlichster Angreifer. Der frühere Frankfurter, eigentlich ein zurückhaltender Typ, hat sich in Fürth zu einem Leader entwickelt. Er schwingt zwar keine markigen Reden, das widerspricht seinem Naturell, aber er schuftet. „Ich bin der Erste, der mit Leistung vorangehen und an die Grenze kommen muss. Wenn ich es nicht mache, kann ich es auch nicht vom Team fordern.“ Potenzial bringt auch Paul Seguin, 26, mit. Der offensive Mittelfeldspieler packte es einst in Wolfsburg nicht, nahm in Fürth aber eine positive Entwicklung. Genug Können für eine dauerhafte Anstellung in Liga eins wäre vorhanden.
Wie geht’s dem Schatzmeister?
Mal provokativ gefragt: Haben die Fürther überhaupt einen? Nun, natürlich haben sie, aber er muss halt den geringsten Etat der Liga verwalten. Kein einziger Neuzugang kostet auch nur einen Euro an Ablöse, das Bundesligajahr soll dem Klub finanziell Vorteile bringen im Vergleich zur Zweitligakonkurrenz, die ja bald wieder die eigene sein wird.
Was ist drin?
Ein nettes Jahr in der Bundesliga, Duelle gegen Bayern, Dortmund, Leipzig, die Großen, vielleicht sogar einzelne Überraschungen. Alles in allem aber wohl zu wenig Punkte. Liebe Fürther, bei aller Sympathie für Underdogs mit asymmetrischen Playmobil-Trolly-wie-auch-immer Stadien: Es reicht nicht. Der Abstieg wird’s, immerhin mit einer Trophäe im Gepäck: der Roten Laterne.
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