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Gericht beantragt C-Probe im Fall Mario Vuskovic

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Von: Jan Christian Müller

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Mario Vuskovic.
Mario Vuskovic. © dpa

Kanadischer Professor soll klären, ob Verteidiger des Hamburger SV mit Epo gedopt war. Die Verteidigung ist verärgert

Plötzlich herrscht dicke Luft beim Deutschen Fußball-Bund, neuer Campus, zweiter Stock, Sonnenseite: Der Mainzer Professor Perikles Wolfgang David Wilhelm Simon verfügt über die Gabe, mit einer bemerkenswerten Aura der Selbstgefälligkeit den Blutdruck des höchsten DFB-Sportrichters, Stephan Oberholz, zu steigern. Am zweiten Verhandlungstag gegen den mutmaßlich gedopten Hamburger Fußballprofi Mario Vuskovic taucht Simon als Fachberater der Verteidigung zweieinhalb Stunden nach Prozessbeginn plötzlich im Sitzungssaal „Golden Goal“ auf, unterlässt es der Einfachheit halber, sich vorzustellen und beginnt, dem Zeugen Sven Voss Fragen zu stellen, die im Duktus mehr einer Belehrung gleichen. Voss ist Leiter des Dopinglabors in Kreischa. Dort hatte die Analyse ergeben, dass der seine Unschuld beteuernde kroatische Zweitligaverteidiger Vuskovic im Herbst vergangenen Jahres positiv auf das Blutdopingmittel Epo getestet worden sei.

Professor Simon zweifelt die Ergebnisse an. Professionell wäre es gewesen, aus diesem Anlass zeitig um elf Uhr zur Verhandlung zu erscheinen. Mehrfach verbittet sich Richter Oberholz, dass Simon ihm regelmäßig ins Wort fällt: „Gewöhnen Sie sich an, mich ausreden zu lassen. Formulieren Sie Ihre Fragen kernig und nicht in Schachtelsätzen.“ So zurechtgewiesen, schüttelt der Mainzer Verhaltensbiologe dann halt öfter stumm den Kopf, während Zeuge Voss darum kämpft, Zweifel an der komplexen Methodik zu zerstreuen, die zu dem mutmaßlich positiven Testergebnis geführt haben.

Der Tag endet schließlich damit, dass das hohe DFB-Gericht dem Antrag der Verteidigung folgt, ein unabhängiges Gutachten einzuholen. Das dürfte bis zu zehn Tage in Anspruch nehmen. Am 10. März um elf Uhr in der Früh will man sich dann wieder in Frankfurt treffen, um den Aufsehen erregenden Prozess fortzusetzen, der Vuskovic bedeutende Jahre seiner Karriere kosten könnte. Denn dem 21 Jahre alten Abwehrspieler droht schlechtestenfalls eine Sperre von vier Jahren.

Da von ursprünglich 90 Millilitern Urinprobe noch 43 Milliliter übrig und im Labor in Kreischa eingefroren sind, ist eine erneute Analyse möglich. Die Nationale Dopingagentur Nada hat nichts dagegen. Noch muss aber geklärt werden, ob die Weltantidopingagentur Wada auch damit einverstanden ist. Denn C-Proben sieht das Protokoll eigentlich nicht vor.

Aktuell gehen die Interpretationen des Ergebnisses aus Kreischa weit auseinander: Die Verteidigung hat vier von Vuskovic und dem Hamburger SV finanzierte Auftragsgutachten vorgebracht. Deren Quintessenz formuliert der per Videocall zugeschaltete Dresdner Professor Lorenz Hofbauer: „Wir haben es hier mit einem falsch positivem Ergebnis zu tun.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich weder in der A- noch in der B-Probe um einen positiven Epo-Befund handele, liege bei „80 bis 90 Prozent“.

Dem widerspricht Sven Voss, der Laborchef aus Kreischa, diametreal. Das, was er als Ergebnis einer komplexen Analyse erkannt habe, „sieht man bei negativen Proben nicht. Das habe ich in zehntausend Proben so nicht gesehen.“ Auch Voss ringt angesichts der Frage- und Unterstellungen des Professor Simon mehrfach um Contenance.

Jean-François Naud, ein auf Epo spezialisierter Professor aus dem kanadischen Quebec, soll nun als Sachverständiger für Aufklärung sorgen. Das entscheidet das DFB-Sportgericht nach fünfstündiger Verhandlung am Nachmittag. Die Verteidigung zeigt sich wenig begeistert über die Personalauswahl. Der Kanadier Naud sei als Mitglied der Epo-Expertengruppe der Weltantidopingagentur ein Gutachter „aus dem engsten Wada-Kosmos“, monieren die Vuskovic-Anwälte verärgert. DFB-Richter Oberholz hält dagegen: „Wir schließen Befangenheit und Voreingenommenheit aus.“

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