Aktivistin gegen Trump: US-Spielerin prangert „Rassismus“ und „Sexismus“ an

Megan Rapinoe protestierte mit öffentlichen Kniefällen gegen Rassismus – nun stellt sich das ganze Team gegen Diskriminierung.
Es ist kaum anzunehmen, dass der bekennende Football-Fan Donald Trump sich für Frauenfußball interessiert, aber falls er zur Weltmeisterschaft in Frankreich doch durch Zufall auf ein Spiel des US-Teams zappen sollte, würde das seinem ohnehin angespannten Gemütszustand sicherlich nicht gut tun. US-Präsident Trump hat nicht viele Freundinnen unter den Spielerinnen, die dort in den Nationalfarben Rot-Weiß-Blau auf dem Platz stehen werden.
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Viele von ihnen haben kategorisch abgelehnt, ihn im Fall eines Titelgewinns bei der Fußball-WM der Frauen im Weißen Haus zu besuchen – allen voran die Kapitänin Alex Morgan. Die Star-Stürmerin der Formation, Megan Rapinoe, führte ihre Gründe für den vorauseilenden Boykott mit einer unmissverständlichen Deutlichkeit aus, die Trump-Anhänger zum Hyperventilieren getrieben hat: Donald Trump, so die platinblonde Weltmeisterin von 2015, sei ein ausgewiesener Rassist und Sexist und stehe so ziemlich gegen alles, was ihr wichtig sei.
Solidarisch mit Kaepernick
Megan Rapinoe füllt mit ihren klaren Worten selbstbewusst jene Rolle aus, in die sie seit drei Jahren zunehmend hineingerutscht ist. Die 33-Jährige ist nicht nur die am offensten politische Spielerin der US-Fußball-Nationalmannschaft. Seit sie anfing, aus Solidarität mit ihrem Kollegen Colin Kaepernick beim Abspielen der Nationalhymne niederzuknien, wird sie in der gesamten US-Öffentlichkeit zunehmend als das weibliche Pendant des streitbaren Football-Spielers gesehen.
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Rapinoes Karriere als Polit-Aktivistin im Fußball-Trikot begann aus einer Laune heraus. Rapinoe hatte mit Bewunderung und Mitgefühl Kaepernicks stummen Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt mit verfolgt, während sie versuchte, nach einer Verletzung bei den Olympischen Spielen von 2016 wieder in ihre Saison bei den Seattle Reign hinein zu finden. Als bekennende Lesbe, die sich durch das offene Bekenntnis zu ihrer Sexualität einige Feinde geschaffen hatte, konnte sie seinen Drang, sich zu seiner Überzeugung zu bekennen, nur allzu gut nachvollziehen.
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So entschloss sie sich bei einem Heimspiel im September 2016 spontan, es Kaepernick gleich zu tun: „Er schien so einsam da draußen. Ich fand es wichtig, ihm zu zeigen, dass er nicht alleine ist.“
Die heftige Reaktion auf ihre Aktion traf Rapinoe indes gänzlich unvorbereitet. Bei ihrem nächsten Liga-Spiel in Washington entschloss sich der Gastgeberverein Washington Spirit, die Hymne abzuspielen, während beide Mannschaften noch in der Kabine saßen, um einen erneuten öffentlichen Protest durch Rapinoe zu verhindern.
Trotzdem entschied sie sich bei den nächsten zwei Spielen mit der Nationalelf erneut zu einem Kniefall. In den folgenden Monaten wurde sie daraufhin einfach nicht mehr aufgestellt. Die Begründung lautete, dass sie nach ihrer Knieverletzung einfach noch nicht wieder ihr gewohntes Spielniveau erreicht habe. Erst nachdem der US Verband eine klare Regel gegen das Knien eingeführt hatte, durfte Rapinoe wieder auflaufen.
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In jener Zeit, so erinnert sie sich heute, hätten sich in ihrem Leben die Weichen neu gestellt. „Ich habe mich damals dazu entschlossen, zu meinen Überzeugungen zu stehen, auch, wenn das bedeutet, einen hohen Preis zu bezahlen.“ Vorbild sei für sie dabei immer Kaepernick gewesen, der seine Karriere aufs Spiel gesetzt hatte, um für seine Rechte und seine Prinzipien einzutreten. Heute ist Rapinoe unverzichtbares Kernmitglied jenes Kaders, der am Dienstag in Reims zum Auftakt gegen Thailand antritt. Das hat sie nicht zuletzt auch der Tatsache zu verdanken, dass sie mit ihrer unbeugsamen Haltung ihre Mannschaftskameradinnen zu einer ebenso klaren Haltung inspiriert hat.
So sagt die Kapitänin Alex Morgan: „Ich habe es gelernt, meine Plattform dazu zu benutzen, mich für Dinge einzusetzen, die größer sind als der Fußball. Und das hat ganz viel mit Pinoe zu tun“ – wie die Stürmerin von ihren Kolleginnen genannt wird.
Haltung tut dem Spiel gut
Morgan und Rapinoe gehörten im März zu den fünf Spielerinnen, die als erste eine Klage gegen den Verband wegen Geschlechterdiskriminierung angestrengt hatte. Als ihnen in diesem Frühjahr ein Bundesgericht das Recht einräumte, diese Klage weiter zu verfolgen, schloss sich den fünf Frauen die gesamte Mannschaft mit allen 28 Mitgliedern an. So steht heute die US-Mannschaft geschlossen gegen den Verband und seine diskriminierende Geschlechterpolitik. Eine Konstellation, in welcher der Verband letztlich machtlos ist.
Megan Rapinoe, die durch ihren Protest diese Haltung initiiert hat, fühlt sich derweil von ihren Kolleginnen getragen und geschützt. Sie stellen sich gemeinsam gegen Diskriminierung im Sport und kämpfen für Gleichberechtigung.
Ihrem Spiel, so findet Kapitänin Alex Morgan, kann das nur gut tun. „Es ist befreiend, wenn man für mehr kämpft, als nur für einen Matchsieg. Es nimmt den Druck weg.“ Wie gut das tut, so Morgan, sehe man an Rapinoe: „Je mehr sie sie selbst ist, desto besser spielt sie.“ Die Rolle als Topfavorit nimmt der Titelverteidiger so oder so ein.
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