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Flick erklärt seine Auswahl

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Von: Jan Christian Müller

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Erklärt seinen Debütantenball: Bundestrainer Flick. Foto: dpa
Erklärt seinen Debütantenball: Bundestrainer Flick. Foto: dpa © dpa

Bundestrainer Hansi Flick und Rudi Völler erläutern, warum so viele junge, noch recht unbekannte Spieler gegen Peru und Belgien in der A-Mannschaft vorspielen dürfen.

Am Sonntagabend hat sich Rudi Völler gemeinsam mit Hansi Flick auf die 210 Kilometer lange Autofahrt von Leverkusen nach Frankfurt begeben. Sie hatten zuvor nebeneinander gehockt und die 1:2-Niederlage der Bayern bei Bayer beobachtet. Der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes und der Bundestrainer nutzten die gemeinsame Zeit auf der Bundesautobahn 3 zum intensiven Austausch,

Am nächsten Morgen, Punkt elf Uhr, erschienen sie gemeinsam mit U21-Nationalcoach Antonio di Salvo zur gemeinsamen Pressekonferenz im DFB-Campus. Eilig wurden noch die vergessenen Trinkgläser auf dem Podium platziert. Es gab einiges zu erklären, denn weite Teile der interessierten Öffentlichkeit hatte sich mächtig gewundert über manch überraschende Personalauswahl des Bundestrainers mit künftigen Nationalspielern, die im Land nur Fachleuten für Talententwicklung bekannt sind. In den Sozialen Netzwerken wurde böse geätzt: „Soll dies die Nationalelf mit den besten Spielern sein oder eine Bundesligaauswahl mit Spielern, die gerade Zeit haben?“

Feierabendbier fiel aus

Völler hätte am Abend zuvor, nachdem er sich zu später Stunde im neuen Teamhotel in der Nähe der Frankfurter Messe dem Staff vorgestellt hatte, gern noch ein Schlummerbierchen mit Flick getrunken. „Aber dann“, berichtete der Sportdirektor lächelnd, „war der Hansi plötzlich verschwunden zur Besprechung mit seinem Trainerteam.“ Gibt halt gerade eine Menge zu besprechen beim ersten Treffen nach der vermaledeiten Weltmeisterschaft in Katar. Ein paar neue Leute sind auch im Betreuerstab dabei. So gab Teamarzt Tim Meyer nach 21 Jahren in treuen Diensten der A-Mannschaft kürzlich seinen Rücktritt bekannt. Für den hochdekorierten Professor aus Saarbrücken wird Dr. Silja Schwarz, Internistin aus München, übernehmen. Die 48-Jährige war schon Verbandsärztin der Deutschen Eisschnelllauf- und Shorttrack-Gemeinschaft. Meyer übernimmt als Chefmediziner bei der EM 2024.

Flick und Völler haben derweil den öffentlichen Gegenwind zu ihrer Kaderpolitik natürlich wahrgenommen. Der Bundestrainer blickte hinunter auf die versammelten Reporter:innen und klärte auf: Er „verstehe die Kritik“, aber gleichwohl sei „die Verzahnung mit der U21 wichtig“, er möchte sich einen persönlichen Eindruck darüber verschaffen, wer „das Potenzial hat, um nächstes Jahr bei der Euro dabei zu sein“, er möchte junge Spieler „sehen und fördern“ - und überhaupt: „Wenn ich nichts Neues gemacht hätte, hätte ich gerne mal eure Berichte gelesen.“ Dann, so des Bundestrainers Botschaft, wäre er gewiss dafür kritisiert worden, nach dem frühen WM-Aus einfach so weiterzumachen wie zuvor.

Vor allem dem beim DFB altbekannten Neuen Rudi Völler ist es ein dringendes Anliegen, nicht weiter nur auf alten Pfaden herumzutrampeln. Es ist völlig unüblich, dass sich zu Beginn eines Trainingslagers der A-Mannschaft Sportdirektor, Bundestrainer und U21-Trainer gemeinsam präsentieren. „Das hier“, erklärte Völler also, „ist mit Bedacht gewählt und hat eine gewisse Symbolik.“

Der alte Fahrensmann dokumentierte damit auch, dass er zwar als populärer Kopf der EM-Kampagne geholt wurde, sich aber nicht nur operativ auf den Weg zum Turnier 2024 in Deutschland begeben will, sondern auch bereit ist, strategisch darüber hinaus zu denken.

Am Montagnachmittag vor dem öffentlichen Training vor mehrenden tausend Fans im kleinen Stadion am Brentanobad, das sonst den Frauen von Eintracht Frankfurt vorbehalten ist, hielt Völler noch eine engagierte Ansprache an die Spieler. Tenor: „Es ist etwas ganz Besonderes, etwas Wunderbares, so ein Turnier im eigenen Land.“ Ein neu ausgerufener Konkurrenzkampf tue allen gut. Er selber habe weiland auch über die U21 den Sprung ins A-Team geschafft, 1982 als Vize-Europameister. Paar Jährchen her schon, aber dennoch beispielhaft für eine mögliche Weltkarriere.

Jamal Musiala muss passen

Flick hat vor, dass sein halbes Dutzend Neulinge Marius Wolf, Josha Vagnoman, Malick Thiaw, Mergim Berisha, Felix Nmecha und Kevin Schade allesamt bei den bevorstehenden Testländerspielen am Samstagabend in Mainz gegen Peru und am Dienstag darauf in Köln gegen Belgien zum Einsatz kommen sollen. „Das ist unser Plan.“

Verzichten muss er allerdings auf Jamal Musiala, der am Sonntagabend trotz Muskelbeschwerden von Julian Nagelsmann in Leverkusen eingewechselt wurde und nun mit einem Muskelfaserriss im linken Oberschenkel passen muss. Somit kommt es nicht zum mit Spannung erwarteten Zusammenspiel des von seinem Kreuzbandriss vollständig wiederhergestellten Florian Wirtz (19) und Musiala (20). Bedauerlich.

Beide Hochbegabten wären noch jung genug, um in diesem Sommer an der U21-Europameisterschaft in Rumänien und Georgien teilnehmen zu dürfen. Beide kommen dafür aber nicht mehr in Frage. „Die sind schon zu weit für unsere U21“, begründet Völler. Was für diejenigen, die jetzt schon im A-Team vorspielen können, sicherlich nicht gilt.

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