FIFA-Schiedsrichter Brych zu VAR-Diskussion: „Werden es nicht jedem recht machen können“
In einem Podcast des „Kicker“ bezieht Felix Brych Stellung zur Einführung des VAR in der Bundesliga und den nicht gegebenen Elfmeter für den BVB durch Sascha Stegemann.
Nürnberg – Es war womöglich die meistdiskutierte Szene des vergangenen Bundesligawochenendes. Am Freitagabend (28. April) will Borussia Dortmund im Gastspiel beim VfL Bochum die Tabellenführung behaupten. In Minute 65 kommt Danilo Soares beim Stand von 1:1 im Strafraum gegen Karim Adeyemi offensichtlich zu spät, ein Pfiff von Referee Sascha Stegemann blieb jedoch aus und auch der VAR schaltete sich nicht ein. Nachdem das Spiel 1:1 endete, war für BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl der Schuldige für den zweifachen Punktverlust klar ausgemacht.
„Heute ist es nicht mit rechten Dingen zugegangen. Der Schiedsrichter hat das Spiel für mich entschieden“. Gar als „frech“ bezeichnete Kehl, dass die Situation nicht nochmals angeschaut wurde, vor allem mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Mittel und das ganze nur fünf Spieltage vor Saisonschluss.
Dr. Felix Brych | |
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Geboren | 3. August 1975 in München |
Weltschiedsrichter des Jahres | 2017, 2021 |
DFB-Schiedsrichter des Jahres | 2013, 2015, 2016, 2018, 2021 |
Felix Brych: „neue Challanges, auch für Schris“
Einen weniger eindeutigen Ansatz verfolgte indessen der ehemalige Referee Manuel Gräfe via Twitter. Nicht wegen der ausreichenden Chancen, die der BVB abseits des nicht gegebenen Strafstoßes für ein zweites Tor gehabt hätte. Sondern mit dem Hinweis darauf, dass ein Schiedsrichter möglicherweise vorsichtiger wird bei Spielern, die wie Ayedemi dafür bekannt seien, den Elfmeter proaktiv zu suchen, wenn die Gelegenheit im Strafraum dafür günstig erscheint. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass der Elfmeterpfiff natürlich trotzdem hätte erfolgen müssen, jedoch so, dass man Verständnis für Stegemann in der Aussage interpretieren kann.
Als Teil eines Entwicklungsprozesses bezeichnet nun FIFA-Schiedsrichter Felix Brych den „Video Assistent Referee“. Im Podcast „Kicker meets DAZN“ vom gleichnamigen Fußballfachblatt fasste Brych zusammen: „Der Fußball hat sich in den letzten 30 Jahren unglaublich verändert. Die Trainer lassen sich immer wieder neue Taktiken einfallen, damit stellen sie nicht nur den Gegner vor neue Challenges, sondern auch die Schiris“.

Felix Brych über Sascha Stegemann: „Da muss man erst einmal verarbeiten“
Gar als „alternativlos“ sieht 47-jährige Münchener den Einsatz der Schiedsrichter-Technik. Nur so sei es Schiedsrichtern möglich, sich vor „Maximalfehlern“ in solch wichtigen Spielen schützen, was Brych dem VAR auch für seine eigenen Partien bereits zu verdanken hätte. Mit Bezug auf seinen Kollegen Stegemann zeigte er zugleich Verständnis und Anerkennung. Verständnis zum einen über die ausbleibende Rechtfertigung nach Abpfiff der Partie für die offensichtliche Fehlentscheidung. „Da muss man das alles erst einmal verarbeiten. Das kostet eine Nacht, in dem Fall sogar noch mehr“.
Den darauffolgenden „Gang nach vorne“, als Stegemann einräumte, die Situation falsch gelöst zu haben, rechne er ihm hoch an, da er zu seinem Fehler steht und zugleich die beste Form der Verarbeitung damit gewählt hat. Etwas, das Brych selbst zu selten täte.
Felix Brych über zukünftige Fehlentscheidungen trotz VAR: „Werden es nicht jedem recht machen können“
Auch die Einführung des VAR selbst sieht Brych, trotz der angesprochenen Alternativlosigkeit ambivalent. Anstelle der Schiedsrichter seien es seit jeher die Vereine gewesen, die auf die Einführung gesetzt hätten. „Die Vereine haben schon vor zehn, 15 Jahren angefangen zu sagen: ‚Wieso haben wir keine Videosequenzen? Wieso haben wir keine technischen Hilfsmittel?‘“, so Brych. Schiedsrichter hätten sich dagegen vielmehr gesträubt und die Spielleitung lieber ohne VAR weitergeführt.
Nun ist der Videobeweis seit der Saison 2017/2018 in der ersten Bundesliga Realität und wird auf unabsehbare bei möglichen Fehlentscheidungen konsultiert werden. Stolz erklärte die Premier League nach Einführung des VAR, dass dieser den Anteil an korrekten Entscheidungen bei Schlüsselszenen von 82 % auf 94 % innerhalb einer Saison gesteigert habe. Mit Blick auf die restlichen Prozente weiß auch Felix Brych, dass diese Lücke wohl nicht zu schließen sein wird: „Wir können es mit dem VAR momentan nicht allen recht machen – und wir werden es auch nicht jedem recht machen können.“ (nki)
Unterdessen fällte der DFB eine Entscheidung in Bezug auf einen weiteren Schiedsrichter-Skadal. Nachdem ein Zuschauer Schiedsrichter Nicolas Winter bei der Drittliga-Partie zwischen dem FSV Zwickau und Rot-Weiß Essen in der Halbzeit mit Bier übergossen hatte, wird das Spiel nun gegen die Sachsen gewertet.