Faustrecht beim FC Bayern: Mané suspendiert

Spieler prügeln sich, Interna werden verlässlich an den Boulevard weitergereicht: Bayern München hat ein Disziplinproblem, das auch ein Führungsproblem ist. Ein Kommentar.
Breaking News am Mittwochabend bei „Bild“: Sadio Mané hat Leroy Sané nach dem 0:3 bei Manchester City im Kabinentrakt eine reingehauen. Dicke Lippe bei Sané. Beide hatten sich zuvor schon auf dem Platz gefetzt. Grund: Streit um Laufwege. „Bild“ fordert Donnerstagmorgen: „Bayern-Bosse müssen durchgreifen“. Der FCB reagiert am Nachmittag: vorläufige Suspendierung von Mané. Die Breaking News dazu liefert: die „Bild“-Zeitung!
Die Bayern veröffentlichen eine Dreiviertelstunde später per Dreizeiler die Bestätigung, dass es sich keineswegs um einen von den Medien aufgebauschten Bagatelldelikt gehandelt haben kann: Mané fehlt am Samstag im Kader gegen Hoffenheim und erhält eine nicht näher bezifferte Geldstrafe aufgebrummt.
Zwei Dinge sind bemerkenswert. Erstens: Regelmäßig gelangen auf dem ganz kurzen Dienstweg Kabinenstreitigkeiten, Taktiktafeln oder bevorstehende Trainerentlassungen zuerst an die beiden stets bestens informierten „Bild“- und „Sportbild“-Reporter Christian Falk und Tobias Altschäffl. Zweitens: Es hat tatsächlich eine handgreifliche Auseinandersetzung unter professionellen Teamkollegen des FC Bayern gegeben. Offenbar mussten Mitspieler dazwischengehen, um Schlimmeres zu verhindern.
Beides – die postwendend durchgesteckte Info an den Boulevard und der eskalierende Streit an sich – sind sicher förderlich, um den hiesigen Profifußball mit seinem Branchenführer an der Spitze als bedeutenden Teil des Unterhaltungsgeschäfts mit all dessen Untiefen zu positionieren. Aber sie sind natürlich hinderlich, um in einem vertrauensvollen Umfeld stabile Spitzenleistungen zu erreichen.
Julian Nagelsmann hat zum Ende seiner Amtszeit sein Missfallen auf die Maulwurfaffäre mehrfach angesprochen, als Falk und Altschäffl Originaldokumente aus der Kabine zur Veröffentlichung übermittelt bekamen, auf denen der Trainer vor der Partie gegen den VfL Bochum am 11. Februar Taktik. Pass- und Laufwege vorgegeben hatte.
Dem FC Bayern sind derlei Ärgernisse freilich nicht fremd. Auch den tätlichen Angriff von Franck Ribery vor elf Jahren auf Arjen Robben in der Halbzeitpause des Champions-League-Halbfinales gegen Real Madrid veröffentlichten dieselben Autoren, Robben trug ein Veilchen davon, Ribery musste 50 000 Euro Strafe zahlen, beide holten ein Jahr später gemeinsam den Titel in der Königsklasse.
Eine vergleichbar verlockende Aussicht ist aktuell weniger wahrscheinlich. Mané scheint, anders als seinerzeit die schwererziehbaren Ribery und Robben, nicht mehr fähig, an der Weltklasse zu kratzen.
Allemal interessant ist die Tatsache, dass sich beim FC Bayern ein Klima der Undiszipliniertheiten eingeschlichen hat, dem auch die autoritäre Respektsperson Thomas Tuchel bislang nicht Herr geworden ist. Wenn Spieler noch vor Saisonende gemeinsam nach Ibiza düsen, Kapitän Manuel Neuer sich beim Skiwandern die Haxn bricht, Serge Gnabry sich in Paris auf Modemessen herumtreibt und nun Manés Gerade in Richtung Sané dessen Blick trübt, dann handelt es sich bei einer solchen Entwicklung auch um ein Führungsproblem, das nicht nur der zuständige Trainer mitzuverantworten hat. Sondern auch die Vorstandsetage. Schöne Grüße an Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn.