Falsches Signal

Markus Anfang hat eine zweite Chance verdient, doch der wenig reumütig wirkende Fußballtrainer hat ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem – wer nimmt ihm noch etwas ab?.
Das ging aber ruckzuck. Kaum vier Monate nach seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Bremen im Februar ist der Impfpass-Fälscher Markus Anfang zurück im Spiel. Keinen Tag früher hätte er anfangen können als neuer Coach des Drittligisten Dynamo Dresden. Exakt am gestrigen Freitag, 10. Juni, beginnt seine halbjährige Bewährungszeit, das Gericht des Stadtstaats hatte den vom rechten Weg abgekommenen Fußballlehrer nämlich zu einer Geldstrafe von 36 000 Euro und das DFB-Sportgericht zusätzlich zu einem Berufsverbot von einem Jahr verurteilt, das für sechs Monate zur Bewährung ausgesetzt wurde. Markus Anfang arbeitet in Sachsens Hauptstadt also unter Beobachtung. Er bringt seinen Co-Trainer Florian Junge mit, auch er fälschte im vergangenen Jahr seinen Impfausweis. Und ob die beiden inzwischen geimpft sind, ist weiterhin nicht bekannt. Die Gründe, weshalb sich Anfang sperrte, sind ja die gleichen - aus Angst vor der Spritze, da er, wie er im ZDF-Sportstudio sagte, eine Herzmuskelentzündung hinter sich habe.
Dynamo Dresden also. Warum überrascht das einen nicht, dass ausgerechnet ein Klub aus Sachsen aus der Fülle an zur Verfügung stehenden Trainern just auf den übel beleumundeten Markus Anfang kommt? Sachsen ist das Bundesland, in dem die Quote der Erstimpfungen mit derzeit knapp 66 Prozent am geringsten ist. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 77,5 Prozent, in Schleswig-Holstein und Niedersachsen zum Beispiel bei über 80 Prozent. Die Vorbehalte gegen einen Menschen, der sich mit hoher krimineller Energie einer Schutzimpfung vorsätzlich verweigert, dürften also in Dresden deutlich geringer sein als anderswo. Und Anfang, auch das sollte man nicht vergessen, hat sich in der Hochphase der Pandemie ungeimpft dem Kölner Karneval hingegeben, hat Veranstaltungen besucht, bei denen ein Impfnachweis zwingend gefordert war. Das war verantwortungslos.
Natürlich hat jeder, der irgendwann falsch abgebogen ist, eine zweite Chance verdient. Auch Markus Anfang, selbst wenn seine diversen Einlassungen, etwa im ZDF-Sportstudio, und seine Entschuldigungen und Erklärungen nicht recht überzeugend wirkten. Echte Reue, so kam der 47-Jährige rüber, sieht eigentlich anders aus. Auch wäre es angemessen gewesen, deutlich mehr Zeit bis zum nächsten Engagement verstreichen zu lassen.
Ohnehin bleibt die Frage, wie sich Markus Anfang vorstellt, künftig zu arbeiten. Der Mann hat ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem, wer nimmt ihm, der vorsätzlich betrogen hat, eigentlich noch etwas ab? In der Kabine, bei den Spielersitzungen? Und da ist noch gar nicht die Vorbildfunktion eines Fußballlehrers angesprochen. Wie will Markus Anfang als vermeintliche Autorität vor einer Gruppe junger Menschen Inhalte vermitteln? Übungsleiter tragen ein hohes Maß an Verantwortung, dass er der nicht gerecht wurde, zeigte sein skandalöses Verhalten. Trainer leben davon, dass ihnen die anvertraute Mannschaft folgt, dass sie ehrlich, integer, dass sie überzeugend und glaubhaft sind, dass das, was sie erzählen und tun, auch wahr ist.
Das alles mit Markus Anfang in Verbindung zu setzen, fällt schwer.