EM 2021: Ex-Nationalspieler kritisiert Jogi Löw scharf – „Kein Plan“

Jogi Löws Zeit als Bundestrainer ist nach der EM 2021 vorbei. Bevor Hansi Flick übernimmt, wird scharfe Kritik an ihm laut.
Frankfurt – Jogi Löw hatte sich seinen Abgang als Bundestrainer sicherlich anders erhofft. Nach dem frühen Aus im Achtelfinale der EM 2021 sprach er wiederholt von „Enttäuschung“ und nahm sich selbst in die Pflicht. Die Stimmen, welche hinterfragen, warum Löw keinen früheren Zeitpunkt für seinen Rücktritt wählte, häufen sich. Löw wurde im Jahr 2014 mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister: Anschließend ging es bergab – logisch: lediglich ein weiterer Titel hätte ihm einen Verlust des Ansehens erspart.
Das Erreichen des Halbfinals bei der EM 2016 heben zahlreichen Beobachterinnen und Beobachter noch als positivste Entwicklung nach dem WM-Titel hervor. Anschließend folgte zwar noch der Gewinn des Confed-Cups. Dieser Titel verkommt allerdings zur Randnotiz. Spätestens das Vorrunden-Aus bei der WM 2018 symbolisierte den Tiefpunkt seiner Karriere als Nationaltrainer. Das Achtelfinale-Ausscheiden bei der EM 2021 werten viele Fachleute als Folgeerscheinung. Nach dieser „Enttäuschung“ konzentriert sich die Kritik auf ihn, weniger auf das Gesamtkonstrukt Nationalmannschaft beziehungsweise DFB.
EM 2021: Jogi Löw im Zentrum der Kritik an DFB-Elf
Zahlreiche Expert:innen äußerten sich, unter anderem der Kommentator Marcel Reif. Er fällte kürzlich bei Markus Lanz ein vernichtendes Urteil zum scheidenden Bundestrainer. Aber auch Nationalspieler beziehungsweise ehemalige Nationalspieler übten Kritik. Thomas Müller schrieb beispielsweise in seinem Newsletter: „Mit unserer Bestrebung, durch eine eher abwartende, kompakte Defensivstrategie ohne Gegentor zu bleiben, sind wir de facto gescheitert.“
Lukas Podolski monierte hingegen nicht die Taktik, sondern die Einstellung des DFB-Teams: „Was mir aber in den letzten Jahren gefehlt hat, war die richtige Mentalität, dieser Siegeswille von uns Deutschen.“ Das Mentalitätsproblem bezog Podolski allerdings auf die Mannschaft, nicht auf den Trainer.
Jogi Löw: Philipp Lahm fehlt „klarer Plan“
Nun hat sich ein weiterer ehemaliger Nationalspieler, der mittlerweile Funktionär des DFB ist, kritisch zur EM und Löw geäußert. Philipp Lahm, Kapitän der Weltmeister-Mannschaft, sagte dem Nachrichtenmagazin Spiegel: „Es hat der letzte Biss, der Mut gefehlt. Es war kein klarer Plan erkennbar, wie die Mannschaft spielen will. Es fehlte die Balance zwischen Defensive und Offensive.“ Lahm kritisierte im Interview sehr konkrete Maßnahmen, wie die Rückholaktion mit Thomas Müller und Mats Hummels. „Da wird erst ein Umbruch eingeleitet, dann wieder unterbrochen. Nicht gut“, so Lahm. Auch Lahm betonte, ähnlich wie Podolski, dass es eher ein Mentalitäts- als ein Qualitätsproblem gebe.

Der Zukunft unter Hansi Flick sehe er jedoch „optimistisch“ entgegen, kommentierte Lahm. Die WM 2022 in Katar komme allerdings zu früh, um von Titelchancen zu sprechen. Ziel müsse die EM 2024 in Deutschland sein. „In so kurzer Zeit kann sich die Mannschaft nicht einspielen, nicht finden. Das ist ein Prozess, der ein paar Jahre dauert. Aber bis zur Heim-EM 2024 sollte es klappen, dass wir dann zu den Titelkandidaten zählen“, sagte er dem Nachrichtenmagazin. „Wir benötigen schnellstmöglich einen DFB, der als Team auftritt.“
Philipp Lahm ist nach seiner aktiven Fußballerkarriere Mitglied im Präsidium des DFB.
Neben Kritik an der sportlichen werden aktuell auch kritische Stimmen zur politischen Entwicklung laut, da der DFB offenbar mit Qatar Airways eine Partnerschaft verhandelt. Seit Jahren wird die Menschenrechtslage in Katar kritisiert. (tu)