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„Die Mannschaft“: Ein Begriff ohne Bindung

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Von: Jan Christian Müller

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Sollen wieder näher zueinander finden: DFB-Team und Fans.
Sollen wieder näher zueinander finden: DFB-Team und Fans. © AFP

Die Stoßrichtung ist klar: Ab ins Keller-Archiv mit einem Claim „Die Mannschaft“, der die Atmosphäre zwischen DFB-Team und Fans nie nachhaltig positiv geprägt hat. Ein Kommentar.

Bernd Neuendorf ist es aus seiner politischen Karriere als SPD-Vorstandssprecher und Staatssekretär in NRW gewohnt, diplomatisch zu vermitteln. Als stellvertretender Chefredakteur hat er bei der „Mitteldeutschen Zeitung“ gelernt, Mitarbeiter:innen zu führen; als vormaliger Parlamentskorrespondent für verschiedene Tageszeitungen und Ex-Reporter für die Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press weiß der 60-Jährige zudem um die Macht des Wortes und des Bildes.

Das alles sind beste Voraussetzungen, um in einer sensiblen Angelegenheit eine Lösung herbeizuführen, die maximale Vermittlertätigkeit verlangt. Es ist nämlich so: Hans-Joachim Watzke, der neue starke Mann der Bundesliga und als solcher ins DFB-Präsidium abgesandt, möchte den Claim „Die Mannschaft“ weghaben. Oliver Bierhoff, Geschäftsführer der neuen DFB-GmbH und maßgebender Manager der Nationalmannschaft in Personalunion, würde ihn lieber behalten. Bierhoff verdächtigt einflussreiche, aber keineswegs repräsentative alte weiße Männer (inklusive der Medien), die sich an dem Terminus viel mehr stören würden als junge Leute,

Der 54-Jährige hatte den Begriff im Juni 2015, ein Jahr nach dem WM-Titelgewinn, als „neue Wort-Bild-Marke“ mit einigem Tam-Tam vorgestellt. Seinerzeit rollte der neu etikettierte Mannschaftsbus bei einer Pressekonferenz durch den Kunstnebel eines Kölner Autohauses. Bierhoff wollte so die „besondere Bindung zwischen Fans, Öffentlichkeit und Mannschaft“ akzentuieren. Die Reaktionen im Land waren von Beginn an zurückhaltend. Längst, so scheint es, ist diese Zurückhaltung in Abneigung umgeschlagen. „Die Mannschaft“ steht für viele Menschen im Land für eine hochgetunte, abgehobene Marketingmaschinerie. Das Gegenteil von echter Bindung also.

Neuendorf ist ein kluger Denker und scharfer Beobachter. Er sei „kein Freund von never ending stories“, sagt er. Zumal nicht solchen, die kein Happy End versprechen. Ihm dünkt, dass die Debatte „zum Symbol geworden ist“ für die „Distanz, die die Mannschaft zur Gesellschaft“ entwickelt hat.

Aber er will nun weder Watzke noch Bierhoff vor den Kopf stoßen. Also schafft er per Präsidiumsbeschluss alsbald eine repräsentative Umfrage im Auftrage des DFB herbei. Zielsetzung laut Präsident: die Meinung in dem Gremium „zu verfestigen“. Noch in diesem Sommer soll entschieden werden. Es müsste schon ein ziemliches Umfragewunder geschehen, wenn die offenbar schon recht feste Meinung noch umschlagen sollte. Die Stoßrichtung ist klar: Ab ins Keller-Archiv mit einem Claim, der die Atmosphäre zwischen DFB-Team und Fans binnen sieben Jahren nie nachhaltig positiv geprägt hat. Sondern mit seiner angeberischen Konnotation zur Belastung geworden ist.

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