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England gegen Italien im EM-Finale: Die Kampfzone im Mittelfeld

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Von: Frank Hellmann

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Marco Verratti gibt sich selten mal geschlagen.
Marco Verratti gibt sich selten mal geschlagen. © AFP

Im Finale könnte es darum gehen, die Hoheit im Mittelfeld zu erobern. Dafür stehen Marco Verratti und Jorginho (Italien) sowie Kalvin Phillips und Declan Rice (England).

Marco Verratti hatte in seinem dunkelgrünen T-Shirt zumeist die Arme verschränkt, seine Miene verriet eine gewisse Anspannung. Ganz alleine an einem Pressepodium zu sitzen, das bunte Mannschaftsposter allerdings im Rücken, ist für den Mittelfeldspieler des italienischen Nationalteams sicher nichts Neues gewesen, aber der 28-Jährige spürte im Medienzentrum in Florenz Coverciano sehr wohl, dass selbst für einen kampferprobten Recken wie ihn, der auf dem Platz nichts und niemanden fürchtet, mit dem EM-Finale zwischen England und Italien (Sonntag 21 Uhr/ZDF) kein Spiel bevorsteht, das mit Abpfiff schon Geschichte ist – dieses Ereignis ist für die Ewigkeit: „Das ist der Traum eines jeden Kindes, das Fußball spielt, es wird ein episches Finale, und auf jeden Fall wird Geschichte geschrieben.“

Wobei der 44-fache Nationalspieler glaubt, dass das erneuerte England und das wiedererstarkte Italien erbittert um die Vorherrschaft im Mittelfeld ringen werden. Beide Mannschaften seien ja ansonsten bestens ausbalanciert. England hat bei dieser EM erst ein Gegentor kassiert, Italien ist seit 33 Länderspielen ungeschlagen, und Torwart Gianluigi Donnarumma hat im Nationaltrikot noch nie mehr als einen Gegentreffer geschluckt.

Ergo gehe es im Finale darum, sich im Mittelfeld durchzusetzen. Er und Jorginho, der Aufsteiger vom FC Chelsea, gegen Kalvin Phillips von Leeds United und Declan Rice von West Ham United – das zentrale Territorium in Wembley zu erobern, soll der Schlüssel zum Sieg sein. Philipps, 25, und Rice, 22, sind vielleicht mit die unscheinbarsten Figuren im Ensemble von Gareth Southgate, zumal sie nicht den schillernden Großklubs angehören, aber deswegen sind sie nicht weniger wichtig. Die Ordnung auf dem Rasen ist ihnen heilig. Philipps ist der „Working Class Hero“ für die Engländer, weil er so vorbildlich schuftet. Und auch sein Nebenmann mit der Nummer Vier, früher mal für die Vorstopper reserviert, der Teamplayer Rice, ist sich für keinen Zweikampf, keinen Meter zu schade.

Prototyp vom Störenfried

Aber jetzt steht ihnen einer wie Verratti im Wege, der bereits seit 2012 für Paris St. Germain spielt und mit den Aufgaben seines Arbeitgebers gewachsen ist. Ein Prototyp des Störenfrieds. Ein kleiner Terrier, 1,65 Meter klein, 60 Kilo leicht, aber ein ganz Großer. Noch vor zwei Monaten liefen Meldungen wie „Verratti droht EM-Aus“ über die Nachrichtenticker. Ein „gezerrtes inneres Mittelband im Knie“, so verbreitete sein Arbeitgeber PSG, bedeute eine sechswöchige Pause. Italiens Nationaltrainer Roberto Mancini nominierte ihn trotzdem; sein Giftzwerg mischte aber erst zum dritten Gruppenspiel gegen Wales (1:0) mit, als die Kollegen bereits die Achtelfinalqualifikation erkämpft hatten. Doch der „Commissario Tecnico“ wusste genau, dass die K.o.-Runde nichts für Schönspieler ist. Auch wenn Mancini seine Nummer sechs zuletzt drei Mal vorzeitig auswechselte, braucht er dessen Widerstandskraft. „Es hätte mir Schmerzen bereitet, wenn ich nicht rechtzeitig fit geworden wäre“, erklärte Verratti im Rückblick.

Je länger er übrigens bei der virtuellen Pressekonferenz redete, desto selbstbewusster wirkte er. Die britischen Boulevardreporter konnten ihn natürlich nicht entkommen lassen, ohne ihn auf das EM-Viertelfinale 2012 anzusprechen. Damals im Olympiastadion von Kiew begegneten sich Engländer und Italiener letztmals bei einer Endrunde, nach torlosen 120 Minuten sollten die Three Lions, wie ginge es auch anders, im Elfmeterschießen verlieren. Verratti versicherte, obwohl er es damals nicht in den EM-Kader schaffte, „gute Erinnerungen“ zu besitzen. „Und das ist ja das Schöne: Es wird auch jetzt einen Gewinner geben“, sagte er und lachte. Ahnt da einer schon, was am Sonntag geschieht?

Declan Rice kann auch die großen Gesten. b
Declan Rice kann auch die großen Gesten. b © AFP
Jorginho ist Jubeln gewohnt. P
Jorginho ist Jubeln gewohnt. P © AFP
Kalvin Phillips zeigt seine tätowierten Arme.
Kalvin Phillips zeigt seine tätowierten Arme. © AFP

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