Bei der auf Antrag des VfL Bochum geheimen Abstimmung kam die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zustande, zwar votierten 20 Klubs dafür, aber elf dagegen – fünf Vereine enthielten sich der Stimme. Um die Verhandlungen mit einem strategischen Partner fortzusetzen, hätte es 24 Ja-Stimmen gebraucht. „Manchmal ist das Leben auch einfach. Das ist Demokratie. Für uns ist klar, dass der Prozess mit dem heutigen Tag beendet ist. Du kannst ja nicht alle sechs Monate eine neue Sau durchs Dorf treiben“, erklärte Liga-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke angesäuert.
Unverständnis klang bei ihm unverhohlen durch, dass die Liga auf absehbare Zeit ihre Investitionen ohne die zwei Milliarden Euro aus der Private-Equity-Branche speisen muss. Mit dem Geld hätten vor allem eine Streamingplattform im Ausland aufgebaut oder Infrastrukturprojekte bezahlt werden sollen, im Gegenzug hätte der Investor über 20 Jahre aber auch 12,5 Prozent der Medieneinnahme abgezweigt. Die monatelange (Überzeugungs-)Arbeit, die neben Hellmann auch Oliver Leki (SC Freiburg) als zweiter Teil der Interimslösung in das mehrfach modifizierte Konstrukt hatten, war letztlich vergebens.
Einigen sei offenbar die Wettbewerbsfähigkeit nicht so wichtig, unkte Strippenzieher Watzke, der genau wie die Doppelspitze Hellmann und Leki mächtig frustriert wirkte. Und so fehlte sein sarkastischer Hinweis nicht, dass man sich schon auf die konstruktiven Vorschläge der Kritiker freue. An dieser Stelle grinste auch Hellmann süffisant. Gerade für den Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt war das ein Schlag ins Kontor, auch wenn er nicht von einer persönlichen Niederlage sprechen wollte. „Ich habe einen absoluten Konsens gespürt, dass es einen Investitionsbedarf gibt. Vom Abstimmungsverhalten ist das erstaunlich – aber so ist es“, merkte der Jurist zerknirscht an.
Mit vergleichsweise bescheidenem Kapitalaufwand hätte die Liga aus seiner Sicht wettbewerbsfähig gemacht werden können. „Mit jedem Jahr wird das jetzt schwieriger – ich weiß nicht, ob das alle Kritiker bis zum Ende gedacht haben.“ Damit sei klar, dass er bereits zum 30. Juni ausscheiden werde. „Im Sommer habe ich wieder mehr Zeit für meinen Klub.“ Sein Kollege Leki rätselte über die unerwartete Niederlage im Plenum. „Es wäre zwingend notwendig bei so einem Projekt gewesen, mit einer breiten Mehrheit zu starten. Das ist nicht gelungen. Warum, wieso, weshalb – das ist schwer einzuschätzen“, beschied der Finanzfachmann mit stottriger Stimme.
Die Folgen für den deutschen Fußball könnten weitreichend sein, wie Watzke mit vergrätztem Unterton andeutete: „Es sollte in der nächsten Zeit niemand mehr mit Solidaritätsthemen kommen.“ Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund erklärte, sein vor dem Titelgewinn stehender Klub und Rekordmeister Bayern München seien bereit gewesen, viele Rechte aufzugeben und zentral vermarkten zu lassen. Da Solidarität „eben nicht erwünscht“ sei, würden sich die Topklubs „ihre Gedanken machen“. Hörte sich danach an, als müsse ein kommender CEO der Liga-Organisation sich mit einer drohenden Spaltung beschäftigen. Auch Hellmann sprach von einer „Niederlage für die Zentralvermarktung“, denn schließlich hätten beide Branchenführer das Vorhaben ja mitgetragen.
Aus der Bundesliga gehörten dem Vernehmen nach der FC Augsburg, der VfB Stuttgart und Absteiger Hertha BSC mit dem 1.FC Köln zur Opposition, das Gros der Nein-Stimmen kam allerdings aus dem Unterhaus, wo der FC St. Pauli traditionell die Speerspitze gegen die Kommerzialisierung bildete. Dazu wuchs indes in den vergangenen Tagen das Unbehagen der Dritten Liga, die unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) spielt. In ihrem von 16 der 20 Drittligisten gezeichneten Schreiben wurde auf die schon jetzt „exorbitant hohen“ Einnahmeunterschieden zum Profibetrieb verwiesen. Wären auf einen Schlag erhebliche Mittel zu Verfügung gestellt werden, hätte sich die Tendenz zum „closed shop“ verstärkt. Alles gute Gründe für Vereine mit großer Fanbasis, um den Milliardendeal genau wie die jungen Aktivisten vor der Hoteltür abzulehnen.