1. Startseite
  2. Sport
  3. Fußball

DFB-Team verliert gegen Belgien: Kaum Aufbruchstimmung

Erstellt:

Von: Jan Christian Müller

Kommentare

Frustriert, vor allem über eine schwache erste Hälfte: Die DFB-Spieler um Einheizer Emre Can (Zweiter von links).
Frustriert, vor allem über eine schwache erste Hälfte: Die DFB-Spieler um Einheizer Emre Can (Zweiter von links). © dpa

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist mit der 2:3-Niederlage gegen Belgien noch bestens bedient.

Eine halbe Stunde lang wurde die deutsche Fußball-Nationalmannschaft von Belgien vorgeführt wie im Kasperletheater. Doch weil die Gäste aus dem Nachbarland Gnade vor Recht ergehen ließen, erreichte das DFB-Team im zweiten Test nach der verkorksten WM noch ein über viele Schwächen hinwegtäuschendes 2:3 (1:2). Nach einer unterirdischen ersten halben Stunde kursierten schon mögliche Namen künftiger Bundestrainer auf der Pressetribüne: Hitzfeld, Heynckes, Magath, Nagelsmann. Schwarzer Humor. Zu arglos war Deutschland den Belgiern in jede Falle getappt. So naiv darf man auf diesem Niveau nicht Fußball spielen.

Die beiden letzten Länderspiele in Köln waren torreich, aber zuschauerarm gewesen. Zu schwersten Pandemiezeiten im Oktober 2020 spielte das DFB-Team erst vor nur 300 erlaubten Zuschauenden 3:3 gegen die Türkei, dann eine Woche später ganz ohne Publikum noch einmal 3:3 gegen die Schweiz. Atmosphärische Tiefpunkte der bewegten deutschen Fußballhistorie aufgrund höherer Gewalt. Diesmal hieß die höhere Gewalt nicht Corona, sondern Belgien.

Eigentlich hatte beim Aufeinandertreffen des Weltranglisten-14. mit dem Weltranglistenvierten der zweite Stimmungsmäuseschritt Richtung „neues Sommermärchen 2024“ gegangen werden. So jedenfalls wünschte es sich der Fanclub der Nationalmannschaft laut Banner im zweiten Stock der Kölner Arena. Diese schönen Aussichten wollten Hansi Flicks Männer schon ein bisschen mit Zement unterfüttern. Allerdings: Was sie dann geraume Zeit aufs Feld trampelten, geriet zur Farce. Kaum Spuren von Aufbruchstimmung in Müngersdorf.

In der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel hatte sich der Bundestrainer noch so angehört, als setze er auf den defensiveren Emre Can neben Joshua Kimmich auf der Doppelsechs. Doch dann durfte doch Leon Goretzka die Rolle einnehmen. Keine gute Idee vom Chefcoach. Denn siehe da: Gleich in der sechsten Minute klaffte ein Loch im deutschen Mittelfeld, Kevin de Bruyne schickte Linksaußen Yannick Carrasco, der düpierte den auch im weiteren Verlauf oft überforderten Marius Wolf und traf humorlos zum 1:0. Die kalte Dusche wurde zu Eiswasser, als Romelu Lukaku drei Minuten später die lückenhafte deutsche Defensive mit dem 2:0 bestrafte. Wieder hatte de Bruyne aus dem Zentrum vorgelegt.

Was dann folgte, erinnerte verdächtig an die deutsche Depression unter Joachim Löw im November 2020, als Spanien das DFB-Team in Sevilla 6:0 zerlegte. Belgien war gnädiger, hätte aber nach 23 Minuten leicht 3:0, 4:0 oder 5:0 führen können. Dodi Lukebakio tauchte (nach einer deutschen Ecke!) allein vor dem bedauernswerten Marc-André ter Stegen auf und schoss vorbei, Lukaku köpfte an die Latte, Thilo Kehrer produzierte um Haaresbreite ein Eigentor. Um dem Chaos Herr zu werden, wechselte Flick nach einer halben Stunde den völlig neben sich stehenden Florian Wirtz aus, Can kam, brachte die dringend benötigte Körperlichkeit und gewann gleich, umjubelt vom dankbaren Publikum, ein paar Zweikämpfe.

Besser nach der Pause

Zudem musste Goretzka nach einer heldenhaften Rettungsaktion verletzt vom Feld, Felix Nmecha aus Wolfsburg durfte debütieren. Ein Handelfmeter, verursacht von Lukaku, verwandelt durch Niclas Füllkrugs sechstes Tor im sechsten Länderspiel, brachte dann kurz vor der Pause den sehr, sehr, sehr freundlich anmutenden Anschlusstreffer zum 1:2.

Nach dem Wechsel sah es dann aus deutscher Sicht zunächst besser aus. Schlechter war ja auch schier unmöglich. Serge Gnabry hätte nach Wolfs Flankenlauf fast den Ausgleich geschafft. Füllkrug köpfte knapp drüber, Timo Werner, wieder mit insgesamt unglücklichem Auftritt am Ball, traf aus dem Abseits. Der Ausgleich schien in der Luft zu liegen, auch, weil Belgien sich zwischenzeitlich etwas teilnahmslos gerierte und durch Fouls den noch immer nicht rauschenden deutschen Spielfluss hemmte.

Die einheimischen Fans machten nun im ausverkauften Stadion respektabel Stimmung, die aber jäh erstickt wurde. Torwart Koen Casteels entschärfte noch Joshua Kimmichs Schuss, ehe der erste ernsthafte belgische Konter in der 78. Minute meisterhaft vom überragenden de Bruyne zum 1:3 abgeschlossen wurde, das Gnabry nach schöner Vorarbeit des eingewechselten Kevin Schade mit dem 2:3 etwas erträglicher gestaltete. Aufbruchstimmung jedoch sieht anders aus.

Auch interessant

Kommentare