DFB-Elf siegt in Armenien: Siebtes Spiel, siebter Streich

Ohne sich groß verausgaben zu müssen siegt die dezimierte deutsche Nationalmannschaft zum Jahresabschluss in Armenien. Doch für die WM-Auslosung droht Ungemach.
Hansi Flick bleibt auch im siebten Spiel seiner jungen Laufbahn als Fußball-Bundestrainer auf Kurs. Eine stark ausgedünnte Nationalmannschaft ließ in der armenischen Hauptstadt Jerewan wenig zu. Die WM-Qualifikation war ja ohnehin fix. Oben drauf kam am Sonntagabend vor 14 500 Zuschauenden in dem ein wenig altersschwachen Stadion noch ein 4:1 (2:0). Es war eine sehr ordentliche Leistung des DFB-Teams angesichts der Umstände.
„Wie die Mannschaft mit Freude und Spaß zur Sache geht und das Miteinander prägt, ist schon klasse“, freute sich Flick nach getaner Arbeit. Ein bisschen was zu mäkeln hatte er aber auch. Er hatte in der Anfangsphase „zu viele lange und hohe Bälle“ erkannt. Flick ist bekanntermaßen ein Flachpass-Fetischist. Insgesamt aber könne er „der Mannschaft nur gratulieren“. Bis zum nächsten Länderspiel Ende März wolle er noch „ein paar Dinge aufarbeiten“, die Präzision reicht ihm mitunter nicht. Der Biss aber schon.
DFB-Elf siegt in Armenien: Thomas Müller ist zufrieden
Entsprechend zufrieden war Kapitän Thomas Müller: „Wir haben unsere Aufgaben nach der EM teilweise super gelöst. Das lässt uns optimistisch in die Zukunft schauen.“
Nur noch 16 deutsche Feldspieler und drei Keeper waren mit auf den 3000 Kilometer langen Flug nach Armenien gegangen, wo die Uhr drei Stunden voraus ging. Zwölf Nationalspieler waren zuvor abgereist – wegen Corona, Verletzungen, Belastungssteuerung, dies und jenes. Das bedeutete Negativrekord in der wechselvollen DFB-Geschichte.
DFB-Elf siegt in Armenien: Keine Wettbewerbsverzerrung
Kein Grund, irgendetwas schönzureden: Die vergangenen Montag beim Treffpunkt in Wolfsburg noch anwesenden Herren Neuer, Süle, Rüdiger, Schlotterbeck, Kimmich, Goretzka, Gnabry, Reus, Wirtz, Musiala, Adeyemi und Draxler fehlten allesamt. Von Wettbewerbsverzerrung konnte dennoch von vorne herein keine Rede sein. Armenien hatte nach dem 0:5 gegen Nordmazedonien keine realistische Chance mehr auf den zweiten Tabellenplatz, der im kommenden März in die Relegation geführt hätte.
Aus der Startelf vom 9:0 am Donnerstag gegen Liechtenstein waren Thilo Kehrer, Thomas Müller, Jonas Hofmann, Ilkay Gündogan und Leroy Sané übriggeblieben. So kam etwa Jonathan Tah erstmals seit dem 0:6 vor einem Jahr gegen Spanien wieder zu Ehren im A-Team. Der Innenverteidiger machte einen guten Job, anders als damals in Sevilla.
Bundestrainer Hansi Flick ersetzte zudem in der Mittelfeldzentrale Leon Goretzka durch den derzeit bei Borussia Mönchengladbach ins zweite Glied gerutschten Florian Neuhaus. Dem hatte der Bundestrainer einen guten Eindruck im Training attestiert, aber auch gefordert, sich nicht über die Situation im Klub zu beschweren, sondern sich dem Leistungsgedanken zu unterwerfen. Neuhaus tat wie geheißen und beteiligte sich nicht immer glücklich, aber stets eifrig.
DFB-Elf mit fast 80 Prozent Ballbesitz
Ihm war es in besonderem Maße zu verdanken, dass die Deutschen zur Pause 2:0 führten. Denn nach dem 1:0 durch Kai Havertz nach feiner Vorarbeit von Thomas Müller und Jonas Hofmann (15.) holte Neuhaus den Strafstoß heraus, den Gündogan (45.) zum 2:0 verwandelte. Etwas skurril, dass der Videoassistent erst nach zwei Minuten einschritt, ehe er das Foul an Neuhaus aufklärte. Eine späte, aber richtige Entscheidung, „mit der“, gab Flick zu, „wir gar nicht mehr gerechnet hatten“.
Deutschland, ganz in weiß, hatte bis dahin fast 80 Prozent Ballbesitz, fast alle Angriffe liefen über rechts. Links wurde der Hoffenheimer David Raum etwas allein gelassen. Die Gastgeber igelten sich in ihrem Wohnzimmer weit hinten ein. Erst nach 21 Minuten durfte der deutsche Torwart Marc André ter Stegen mal den Ball berühren. Nochmal sechs Minuten später war erstmals ein Armenier im deutschen Strafraum am Ball. Das sagt einiges über die Gäste-Überlegenheit, die nach dem Wechsel nur kurz nicht mehr ganz so drückend war.
Jonas Hofmann sorgt für die Entscheidung
Das 3:0 durch Gündogan, allerdings nach schwerem Patzer von Armeniens Torwart Stanislav Buchnev, fiel schon fünf Minuten nach der Pause. Bald darauf trat Neuhaus im eigenen Strafraum David Terteyan auf den Fuß. Den logisch folgenden Elfmeter verwandelte der Ex-Dortmunder Henrikh Mkhitaryan sicher. Der starke Jonas Hofmann sorgte dann mit dem 4:1 – wie schon bei Gündogans 3:0 nach guten Gegenpressing des fleißigen Havertz – nach 65 Minuten für die Vorentscheidung. Danach war Armeniens Widerstand gebrochen. Flick konnte noch mal ein bisschen rundtauschen, damit niemand enttäuscht nach Hause fliegen musste. Sogar Julian Brandt durfte noch geraume Zeit mitmachen.
Für die Anfang April in Katars Hauptstadt Doha stattfindende Auslosung zur Weltmeisterschaft in einem Jahr im Wüstenstaat Katar wird das DFB-Team aufgrund seiner zweistelligen Position in der Weltrangliste nur aus dem zweiten Lostopf kommen. Es wird deshalb schon in der Vorrunde auf Gegner des Kalibers England, Belgien, Brasilien, Italien, Spanien oder Frankreich treffen.