Der Kampf um Milliarden

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) will einen Investor langfristig an den Medienrechten beteiligen. Das könnte mal eben eine gewaltige Summer bringen - aber nicht jeder findet das gut. Der Kommentar.
Just am Freitag hat die Uefa auf 231 Seiten einen detaillierten Bericht über die Finanzsituation europäischer Fußballligen veröffentlicht. Die Zahlen, die man dort liest, lassen einen ganz schwindelig zurück. Danach kassieren Bundesligaprofis heute fast hundert Prozent mehr Gehalt als noch vor zehn Jahren. Selbst während der Pandemie, als die beobachteten rund 700 Klubs Einnahmeausfällen von fast acht Milliarden Euro zu ertragen hatten, wuchs der Aufwand für Spielergehälter um 16 Prozent. Uefa-Präsident Alexander Ceferin spricht zurecht von einem „untragbaren Kostenwachstum“. Es ist im Grunde der blanke Hohn.
Zumal das viele, viele Geld, das die Spieler allmonatlich auf ihren Girokonten vorfinden, nicht überall stabil verdient wird. Die Kredite bei Banken, Leihhäusern, dem Staat, Fans oder professionellen Anlegern sind im selben Zeitraum mal eben um 18 Prozent gestiegen. Der Uefa ist dieses Leben auf Pump bei gleichzeitiger Ausgabementalität eines Erbschleichers ein Dorn im Auge.
Vor diesem Hintergrund ist es interessant zu beobachten, dass inzwischen auch ganze Ligen angefangen haben, sich an Investmentgesellschaften zu verschachern. Man kann entweder den Hals nicht vollkriegen oder der Hintern ist derart schmerzhaft auf Grundeis gelaufen, dass man die Kohle dringend braucht, wie in Spanien und Frankreich. Auch in Italien wird das Thema heiß diskutiert.
Und in Deutschland seit geraumer Zeit ebenfalls. Denn es winken der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und mithin den Vereinen fette Einnahmen. Dazu wurde eigens eine „Arbeitsgruppe Zukunftsszenarien“ gebildet, die die 36 Lizenzklubs jetzt per Rundschreiben darüber informiert hat, was passieren soll. Der Plan ist, über Jahrzehnte hinweg einen Geldgeber, der am besten auch noch Knowhow mitbringt, an den Medienrechten der Bundesliga zu beteiligen. „Strategische Partnerschaft“ nennt sich das. Die Interessenten stehen schon Schlange. Herausspringen könnten dabei quasi über Nacht zwei Milliarden Euro frisches Kapital.
Das Bündnis „Pro Fans“ hat sich kürzlich aufgelöst und das unter anderem auch damit begründet, dass es bei der DFL um ein „inhaltsleeres Finanzkartell“ handle, das nur den Zweck erfülle, „das Rattenrennen Profifußball zu finanzieren“. Kann man so sehen, muss man nicht.
Interessant ist aber allemal, dass nicht nur machtlose Fangruppierungen kritische Fragen stellen, sondern auch Klubvertreter. Der Geschäftsführer des 1. FC Köln, Christian Keller, sagte neulich der „FAZ“: „Wenn wir wüssten, was wir wollen, wäre zum Beispiel klar, ob wir wirklich immer höhere Medienerlöse brauchen. Oder ob die 1,1 Milliarden Euro pro Saison nicht vielleicht reichen. Im Moment folgt die DFL aber der Monstranz der internationalen Wettbewerbsfähigkeit einiger Topklubs. Aber soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit wirklich das oberste Ziel der 36 Klubs sein, von denen die meisten ja fast nie oder gar nie europäisch spielen?“ Ähnlich sehen es St. Paulis Präsident Oke Göttlich und noch ein paar andere.
In der „Arbeitsgruppe Zukunftsszenarien“ wird argumentiert, man könnte das Geld eines reichen Onkels gut für Investitionen in Digitalisierung, Trainings- oder Stadioninfrastruktur gebrauchen. Aber die Furcht ist wahrscheinlich nicht unbegründet, dass davon dann doch wieder Kohle auf den in der Bundesliga ohnehin prall gefüllten Profigehaltskonten landet. „Fragen zur Verteilung von möglichem zusätzlichem Kapital wurden nicht diskutiert“, lässt die DFL wissen. Und was sagt der Kölner Manager Keller? „Es erfordert Mut, in einen Kampf gegen jemanden zu ziehen, der stärker ist als man selbst.“ Man darf gespannt sein, was passieren wird,