Karim Benzema: Der beste Neuner

Nie war er besser als heute: Karim Benzema hat mit 34 Jahren die Position des Mittelstürmers bei Real Madrid neu definiert.
Tatsächlich gab es eine Zeit in der Karriere des Karim Mostafa Benzema, da hat er nicht den FC Chelsea mit drei astreinen Toren im Alleingang erledigt, nachdem er mit einem Hattrick zuvor schon Paris Saint-Germain im Alleingang erledigt hatte. Gut zehn Jahre liegt es zurück, Benzema war, 2009, frisch aus Lyon, seiner Geburtstadt, zu Real Madrid gewechselt, als ein Trainer namens Jose Mourinho seinerzeit über seine Nummer neun folgendes sagte: „Wenn du keinen Hund hast, um auf die Jagd zu gehen, nimmst du halt eine Katze.“ Wie überliefert, wollte der Stürmer mit algerischen Wurzeln dem Fußballlehrer an den Kragen, wer kann es ihm verübeln?
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Längst wird anders geredet über den Topangreifer, Iker Casillas, jahrelang Torwart der Königlichen, twitterte nach der neuerlichen Benzema-Gala am Mittwochabend beim 3:1 (2:1)- Erfolg der Madrilenen im Champions League-Hinspiel beim FC Chelsea verzückt - und nur ein klitzekleines bisschen übertrieben: „K9 ist Spiderman. K9 ist Gott“, und schickte noch ein paar Lobeshymnen mehr für Karim Benzema hinterher, den einst zornigen, oft introvertierten Mann aus den Banlieus Lyons.
In der Tat ist der Mann mit dem markanten Vollbart und dem Verband am rechten Handgelenk, ein Glücksbringer, im Augenblick nicht mehr einzufangen, er spielt, sagte Kollege David Alaba, „die Saison seines Lebens, was er macht, ist unfassbar.“ Nie war Karim Benzema besser, wertvoller, treffsicherer als jetzt im hohen Alter von 34, elf Tore hat er in der Champions League bislang erzielt, bei acht Spielen, in La Liga 24 in 26 Spielen. Für Real hat der Kerl in knapp 500 Pflichtspielen 316 Tore erzielt, mehr als die Klub-Legenden di Stefano, Puskas, nur Raul (333) und Ronaldo (451) haben öfter getroffen. Apropos Ronaldo: Seit „CR7“ Real verlassen hat, im Sommer 2018, blüht Benzema förmlich auf, zum Schluss standen sich beide Angreifer eher auf den Füßen, Benzema musste auf die Flügel ausweichen, beraubte sich damit selbst seiner Stärken.
Im Grunde hat Benzema die Position des Mittelstürmers neu definiert. Er ist kein klassischer Keilstürmer, der vorne lauert, er ist auch kein schwimmender Neuner - er verbindet beide Elemente aufs vortrefflichste. Benzema, ein Kerl wie ein Baum mit filigraner Technik,. lässt sich zurückfallen, ist in die Kombinationen eingebunden, schafft Räume, bereitet vor. Etwa sein 1:0 an der Stamford Bridge, als er an der Mittellinie Doppelpass mit Vinicius Junior spielte, 30, 40 Meter in den Strafraum sprintete, um dann die Flanke knallhart ins Tor zu köpfen. Ein Spielzug wie ein Gedicht.
Das ist jetzt ein anderer Karim Benzema, einer, der nach allerhand Eskapaden - Verstrickung in Sex-Affären mit Minderjährigen, versuchter Erpressung, Verurteilung zur Bewährungsstrafe und Suspendierung aus der Nationalmannschaft - mittlerweile auf dem Höhepunkt seines Schaffens angelangt ist. Und einer, der Real wieder auf den Champions League-Thron hieven kann. Im Alleingang. Und ist es ein Zufall, dass Real im Clasico zu Hause gegen den FC Barcelona 0:4 unterging just als Karim Benzema verletzungshalber gefehlt hat? Sicher nicht. K9 ist Madrids Lebensversicherung.