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Das heikle Thema der Bezahlung

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Von: Frank Hellmann

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Hält sich eher zurück: Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg. © AFP

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist bei der Forderung nach „Equal Pay“ vorsichtig.

Die Vorfreude auf die erste Zusammenkunft nach fast genau einem halben Jahr möchte Martina Voss-Tecklenburg gar nicht verbergen. „Ich hoffe, alle reisen gesund an und dann geht’s los.“ Der Re-Start des deutschen Frauen-Nationalteams ist anders als bei den Männer sportlich überaus bedeutsam, denn spätsommerliche Ausrutscher sind sozusagen verboten: Das EM-Qualifikationsspiel gegen den verlustpunktfreien Tabellenführer Irland in Essen am 19. September (14 Uhr/ZDF) wird zum Lackmustest. „Eine physische, mental starke Mannschaft, die sich erstmals für die EM qualifizieren will“, warnt die Bundestrainerin. Publikum ist im Stadion an der Hafenstraße seitens der Uefa-Vorgaben nicht erlaubt.

Die Trainerin wird am Wochenende der Bundesliga-Partie SGS Essen gegen Eintracht Frankfurt (Sonntag 14 Uhr) beiwohnen: So kann sich die 52-Jährige selbst noch einmal ein Bild vom Frankfurter Trio mit Torhüterin Merle Frohms, Verteidigerin Sophias Kleinherne und Torjägerin Laura Freigang („Hat viel an Athletik gearbeitet, ist spielfreudig und spritzig“) machen und dann gleich in Essen bleiben: Von dort reist der Tross nach der Irland-Partie nach Montenegro zum nächsten EM-Qualifikationsspiel (22. September) weiter.

Mit dem Trip an die Adriaküste werde ihr Team „in eine eigene Blase“ gehen, schließlich besteht für den kleinen Balkanstaat eine offizielle Reisewarnung wegen einer erhöhten Zahl von Corona-Infektionen. Maika Fischer – vom DFB-Teammanagement der Männer zu den Frauen gewechselt – berichtete vom Austausch mit der Uefa, dem montenegrinischen Fußballverband und der deutschen Botschaft in Podgorica. Sollte es zu einem strengeren Lockdown kommen, sei sogar eine Absage möglich.

Brasilien als neues Beispiel

Pünktlich vor den ersten Frauen-Länderspielen kommt auch das Thema der gleichen Bezahlung wieder auf, nachdem der brasilianische Verband angekündigt hat, den Frauen dasselbe wie den Männern zukommen zu lassen. Offenbar sind es nun sieben Verbände, zusätzlich England, Finnland, Norwegen, Neuseeland, Australien und die Fidschi Inseln, die auf paritätische Vergütung setzen. In den USA, dem Land des Weltmeisters, läuft deswegen eine Klage. Beim WM-Finale 2019 in Lyon hatten Abertausende Zuschauer „Equal Pay“ gerufen.

Voss-Tecklenburg erklärte nun: Bevor man über gleiche Bezahlung („Equal Pay“) rede, solle man schauen, „dass wir ‚Equal Play‘ haben“ – also gleiche Spielbedingungen. „Aus meinem Verständnis gibt es in Brasilien keine Prämienangleichung, sondern eine Angleichung bei den Tagegeldern. Das ist ein System, das es im DFB nicht gibt.“ Sie glaube, dass „wir uns in Deutschland schon in ganz, ganz vielen Bereichen verbessert haben, ich weiß aber auch, dass wir noch ganz viel Potenzial haben.“

Vor allem bei der Vermarktung – auch bei einigen der zwölf Frauen-Bundesligisten – könne man gewiss noch viel tun. „Wir haben uns im Frauenbereich schon sehr positiv verändert. Es gibt nun einmal wirtschaftliche Unterschiede, die klar definiert sind, weil der Männerfußball viel mehr Gelder generiert.“ Und dann bringt die am Niederrhein beheimatete Voss-Tecklenburg noch ein anderes Beispiel vor, das sie aus ihrer Nebentätigkeit im Aufsichtsrat von Fortuna Düsseldorf anbringen kann: „Ein Spieler vom FC Bayern verdient auch mehr als bei der Fortuna.“

Die Bundestrainerin ist bei dieser heiklen Thematik, bei der sie auf Konfrontationskurs zu ihrem Arbeitgeber gehen müsste, eher zurückhaltend. Abgesehen von der wegen ihrer Babypause pausierenden, aber eifrig am Comeback schuftenden Torhüterin Almuth Schult haben die bekanntesten deutschen Fußballerinnen solche Forderungen nicht gestellt. Selbst Kapitänin Popp, der es nicht an Selbstbewusstsein mangelt, prescht nicht vor.

DFB-Präsident Fritz Keller, ausgewiesen ein Freund des Frauenfußballs, weil sein Heimatverein SC Freiburg reihenweise Nationalspielerinnen ausbildet, geht es zu weit, dieselben Prämien auszuloben. Der DFB hatte bei der WM 2019 als Titelprämie den Frauen 75 000 Euro geboten. Bei den Männern wären es ein Jahr zuvor 350 000 Euro gewesen. Beide WM-Missionen scheiterten krachend.

Wer sich den DFB-Finanzbericht anschaut, kann nicht feststellen, dass der Verband übermäßig gegenüber dem Frauenfußball in der Bringschuld steht: Der Aufwand für die Frauen-Nationalmannschaft (4,1 Millionen Euro) überstieg in 2019 bei weitem den Ertrag (2,3 Millionen). Umgekehrt war es bei der Männer-Nationalmannschaft: Einnahmen von knapp 70 Millionen durch die Auswahl von Joachim Löw standen Ausgaben von rund 22 Millionen gegenüber. Aus dem Überschuss werden sämtliche Nachwuchsteams der Männern und Frauen finanziert. Für alle Juniorinnen-Auswahlteams von der U 20 bis zur U 15 wendete der DFB weitere 3,2 Millionen auf.

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