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Das ausgefallene Spitzenspiel

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Von: Manuel Bonke, Hanna Raif

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Voll vorbei am Ball: Dortmunds Torwart Gregor Kobel in München.
Voll vorbei am Ball: Dortmunds Torwart Gregor Kobel in München. © Sven Simon/Imago

Borussia Dortmund schafft es wieder nicht, in München eine Partie auf Augenhöhe zu bieten. Nach 13 Minute und Gregor Kobels Patzer kommt kaum noch Gegenwehr.

Die geschlossene Mannschaftsleistung zeigte Borussia Dortmund erst nach Abpfiff. Kein Wort des Vorwurfs hörte man in Richtung Gregor Kobel, obwohl der Patzer des Keepers das Spitzenspiel der Bundesliga schon nach 13 Minuten in eine entscheidende Richtung gelenkt hatte. Tenor: Ohne Kobel wäre der BVB überhaupt nicht als Tabellenführer nach München gereist. Hörte sich deutlich besser an als die These, dass der BVB ohne Kobel noch oben stehen könnte. Hätte, wäre, täte, wie immer nach einem Spitzenspiel, das keines war.

Ja, es ist schon wieder passiert, zum neunten Mal nacheinander, und im Torverhältnis aus diesen sogenannten Bundesliga-Spitzenspielen in München steht es seit dem letzten BVB-Sieg im Jahr 2014 35:7 für den Branchenprimus aus München. Dass man trotzdem vor dem Anpfiff wieder die Magie des „Clasicos“ beschwor, war mit Blick auf diese eigentlich verheerende Bilanz als Kompliment für den BVB zu verstehen. Als hätte man nicht erwarten können, dass jegliche Hoffnung auf eine Partie auf Augenhöhe schnell vorüber sein würde. Um genau zu sein: nach 23 Minuten, beim Stand von 3:0.

Auch wenn das Topspiel am Ende 4:2 ausging – und die Bayern schwächere Phasen offenbarten –, trat der BVB die Heimreise genauso konsterniert an wie immer. Dass das Team von Edin Terzic mutig begonnen hatte und ein individueller Fehler zum Rückstand geführt hatte, konnte minimal besänftigen, tut in der Gesamtbewertung aber nichts zur Sache. Es bleibt dabei, dass diese so hochtalentierte Mannschaft es – egal, in welcher Konstellation, egal, unter welchem Trainer – in München nicht schafft, ihren Ansprüchen gerecht zu werden und dem Dauer-Meister Paroli zu bieten. Zählt man die Umstände – big point im direkten Duell, positive Energie nach Trainerwechsel – zusammen, wäre alles andere als die elfte Serien-Meisterschaft der Bayern eine Überraschung.

Herbert Hainer war am Samstagabend der erste Protagonist des FC Bayern, der aus dem Kabinentrakt gelaufen kam. Der Präsident hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Denn das, was er auf dem Rasen gesehen hatte, wäre ja ein „überzeugender Sieg“ gewesen, so der 68-Jährige. Zumindest war es ein gelungener Einstand für den neuen Trainer Thomas Tuchel, der die Gesamtlage beim Rekordmeister deutlich beruhigte. Und dennoch sah man den Heimweg niemanden in ähnlicher Laune wie Hainer antreten. Der Rest war sichtlich bemüht, bloß nicht abzuheben.

„Es ist ganz gut, dass niemand zu euphorisch ist“, sagte Tuchel nach seinem Premierensieg, obwohl der deutlich mehr wert war als die bloßen drei Punkte im Kampf um die Meisterschaft. Doppeltorschütze Thomas Müller sprach von einem „Statement, dass man gesehen hat: Wenn die Bayern müssen, dann können sie.“ Eine „Signalwirkung“ aber wollte auch der Kapitän der Partie noch nicht zuschreiben. Aktuell sei die Lage an der Säbener Straße „heiter bis bewölkt“, führte Tausendsassa Müller aus – und sprach den wichtigen Nachsatz: „Und wir haben es in der eigenen Hand.“

Nicht mehr und nicht weniger war an diesem Tag erwartet worden. Es gelang phasenweise gut, etwa als Müller (18./23.) nach dem unglücklichen Eigentor von Kobel (13.) gleich für klare Verhältnisse sorgte und Kingsley Coman die Dortmunder Hoffnung auf eine Aufholjagd nach der Halbzeit schnell mit dem 4:0 im Keim erstickte (50.).

Es gelang aber in Phasen von „einfachen Ballverlusten“ (Tuchel) und „fehlender Kontrolle“ (Joshua Kimmich) auch zeitweise weniger gut und wurde mit Gegentoren von Emre Can (72.) und Donyell Malen (90.) bestraft. Tuchel sagte treffend: „Es gibt noch etwas zu tun.“ Und Klubboss Oliver Kahn mahnte mit Blick auf das Programm – Doppelpack im DFB-Pokal und der Liga gegen Freiburg, Duell mit Manchester City in der Champions League – gar: „Auf höchstem Niveau wird jeder Millimeter bestraft.“

Man merkte, dass die Bayern-Sinne aus den vergangenen Wochen geschärft sind, in denen man zehn Punkte auf den BVB verloren hatte und Julian Nagelsmann angreifbar wurde. „Wir mussten einiges geraderücken“, sagte Leon Goretzka, Müller gab zu: „Die letzte Zeit war auch für uns Spieler speziell.“ Man sei sich bewusst, dass „ein Trainerwechsel „auch auf unsere Kappe geht“, ergänzte Kimmich, den Sieg widmeten einige Führungsspieler daher Nagelsmann. Sogar Nachfolger Tuchel sagte: „Wir versuchen, es auch für Julian gut zu Ende zu machen.“

Darauf, dass der Neustart geglückt ist, dürfen die Spieler „stolz“ sein, sagte Kahn: „Das war eine Top-Leistung unter schwierigen Bedingungen.“ Tuchel jedoch sprach aus gutem Grund von nur „einem Schritt auf dem Weg in Richtung Meisterschaft“. Wiewohl „das Potenzial, die Wucht und die Qualität des Kaders“ den Neuen positiv stimmen,

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