Das Aus für Fredi Bobic

Ein erfolgreicher Manager im Profifußball wird an seinen Personalentscheidungen gemessen. In Berlin lag der Sportchef zu oft daneben - die Herzen fliegen ihm ohnehin nicht zu.
Hertha BSC mag schon seit vielen, vielen Jahren kein verlässlicher Punktesammler in der Fußball-Bundesliga mehr sein - ein verlässliches Mitglied des Unterhaltungsbetriebes deutscher Profifußball mit all seinen Abgründen ist der Hauptstadtklub aber umso mehr. Er hat es längst geschafft, zwar nach wie vor über eine erstaunlich nachsichtige Fangemeinde zu verfügen, ansonsten aber vor allem Hohn und Spott im Land zu verbreiten.
Man tut sich aus der Ferne schwer, die Hertha und deren verblichenen Protagonisten noch irgendwie sympathisch zu finden. Der auf dem Rückzug befindliche Investor Lars Windhorst pumpte ebenso viel Kapital wie schlechte Stimmung in den Verein, der Imagetransfer war verheerend. Egoshooter wie Jürgen Klinsmann und Jens Lehmann rundeten das miese Bild nach unten ab.
Ein Umfeld, in dem rechtschaffene Arbeiter wie einst Pal Dardai und nun Sandro Schwarz bald an Grenzen stießen. Ein Umfeld, das auch Fredi Bobic nicht zu befrieden vermochte, womöglich auch deshalb, weil er dafür nicht die integrative Kraft besitzt, sondern die Reizstimmung bisweilen noch gefördert hat. In Frankfurt hat dieses ständige Anschieben viel besser funktioniert, als man ihm das seinerzeit zugetraut hatte. In Berlin war er mit einem Ruf wie Donnerhall empfangen worden - um nun durch die Hintertür davongejagt zu werden.
Fredi Bobic hat in Berlin zu oft daneben gelegen
Ein erfolgreicher Manager im Profifußball wird vor allem an seinen Personalentscheidungen gemessen. Wenn die passen, wie dereinst bei Eintracht Frankfurt, tut es auch nichts zur Sache, dass man nicht nur Freunde im Klub gewonnen hat. Man regiert qua Kompetenz durch, nicht qua Herzenswärme. In Berlin Charlottenburg hat Fredi Bobic allzu oft danebengelegen, und weil sich parallel dazu offenbar kein Vertrauensverhältnis nicht nur mit dem seit vergangenen Juni amtierenden Präsidenten Kay Bernstein entwickelt hat, ist der aktuelle Zeitpunkt der Beurlaubung zwar überraschend, nicht aber die Trennung an sich. Es gab keinen Klebstoff aus gewonnen Punkten mehr, der den mangelnden gegenseitig Respekt hätte kompensieren können.
Für Trainer Schwarz dürfte die Arbeit nun nicht leichter werden, auch wenn Bernstein maximale Unterstützung zusagte. Bobic hat den Chefcoach konsequent gestützt, ganz anders, als er das beim in Berlin besonders beliebten Dardai tat. Auch in der öffentlichen Bewertung seiner Arbeit hat Schwarz - sicher auch dank seiner Zugewandtheit gegenüber anderen Menschen, die regionalen Medien ausdrücklich mit eingeschlossen -, geschafft, dass er trotz des allseits enttäuschenden sportlichen Erfolgs noch immer Trainer von Hertha BSC sein darf. Die Gesetzmäßigkeiten der unbarmherzigen Branche lesen sich eigentlich anders. Schwarz wäre es zu gönnen, wenn er den Turnaround noch schaffen würde. Aber diese Hertha in diesem Zustand hat nach dem mit mehr Glück als Verstand vermiedenen Abstieg im vergangenen Mai eigentlich eine Zeit der Besinnung im Unterhaus verdient. (Jan Christian Müller)