Mit 0:5 (0:3) mussten sich die sehr schwachen Lilien vor 1000 Zusehenden im eigenen Stadion dem sehr starken Hamburger Sportverein geschlagen geben. Bereits nach 13 Minuten war ein Spitzenspiel entschieden, das den Status eines Spitzenspiels nie gerecht werden konnte, weil eben nur eine Mannschaft spitze spielte. Selbstverständlich, es waren nicht die Darmstädter.
Die gingen gerade in den ersten 45 Minuten völlig unter. Der HSV dominierte von der ersten Sekunde an, die Gastgeber trotteten dem Gegner aus der Hansestadt nur hinterher, sie verloren gar nicht erst die Zweikämpfe, weil sie im Grunde nicht mal daran teilnahmen. Es war eine desaströse Leistung der bisher und rein faktisch noch immer besten Mannschaft der Liga. Es war die schwächste Saisonleistung der Lilien, deren Trainer Torsten Lieberknecht dennoch Milde walten ließ mit seiner Truppe. Man müsse schlicht dem HSV Respekt zollen für dessen „Sahnetag“ und den „hochverdienten Erfolg“, aber, so Lieberknecht: „Solch ein Spiel kommt einer Saison eben leider auch mal vor, dafür werde ich meine Mannschaft nicht verdammen.“
Mit seinem Acht-Minuten-Hattrick, dem frühesten in der Zweitligageschichte (nur der Freiburger Nils Petersen war 2015 ebenso schnell), schoss der Hamburger Torjäger Robert Glatzel die an diesem Tage rot-behemdeten Rothosen früh und uneinholbar in Führung. Dem Strafstoß vor dem ersten Treffer war ein Foul von Lilien-Keeper Marcel Schuhen an Faride Alidou, dem künftigen Frankfurter, vorausgegangen (5.). Vorm zweiten Tor ließ Klaus Gjasula den Hamburger Knipser bei einer Standardsituation entwischen (10.), beim dritten knallte Glatzel die Kugel in Seitenlage sehenswert unter die Latte ins Tornetz (13.).
Die Lilien schienen lange Zeit in dieser Partie wie gelähmt von ihrer Riesenchance, gerade den beiden Konkurrenten aus Hamburg auf vier (St. Pauli) und acht Zähler (HSV) zu enteilen. Erstmals in dieser Runde, die bis dahin nur so von Sieg zu Sieg zu flutschen schien für die Darmstädter, zeigte das Team von Trainer Lieberknecht Nerven, wusste nicht, was es machen sollte. Bis zur Pause hätte der HSV noch ein, zwei, sogar locker drei weitere Treffer erzielen können.
Erst nach dem Seitentausch und drei wohl zu späten Spielerwechseln aufseiten der Hausherren, näherte sich das Niveau der beiden Team an. Dann hatten auch die Darmstädter ihre Gelegenheiten, „da haben wir ein anderes Gesicht gezeigt“, so Lieberknecht. Bloß: Da war es längst zu spät. In der Schlussphase schraubten Hamburgs Manuel Wintzheimer (76.) und, na klar, Robert Glatzel (88.) das Ergebnis in die Höhe. „Wir haben in dieser Saison auch schon andere Teams weggeschossen, wie es der HSV jetzt mit uns gemacht hat. Ich bin überzeugt, dass wir uns davon erholen werden. Das gehört zum Fußballerleben dazu.“
Die Spitze der zweiten Liga kuschelt sich in dieser kalten Jahreszeit nun enger denn je in dieser Spielzeit zusammen. Da neben Spitzenreiter Darmstadt (39 Punkte) auch der Tabellenzweite St. Pauli nicht gewinnen konnte (2:2 gegen Paderborn/38 Punkte), sind die drei Schwergewichte der Liga, der SV Werder Bremen (2:1 gegen Karlsruhe/38), Schalke 04 (2:1 gegen Regensburg/37) und eben der HSV (ebenfalls 37 Zähler) voll dabei im Rennen um den Aufstieg. So bleibt dem SV Darmstadt 98 nach diesem bitteren Tag wohl nur, sich an der altbekannten Fußball-Weisheit mental hochzuziehen. Die lautet: Lieber einmal 0:5 als fünfmal 0:1 verlieren.