Darmstadt 98 versemmelt den ersten Matchball

Zwar verpasst Darmstadt 98 mit dem 0:3 gegen den FC St. Pauli vorerst die große Aufstiegssause, es bleiben aber noch drei gute Chancen, sich ins Fußball-Oberhaus zu hieven.
Zu guter Letzt an diesem eher durchwachsenen Samstagabend aus Darmstädter Sicht sendete das Publikum ein nicht ganz unwichtiges Signal ans kickende Personal. „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!“, hallte es von den Tribünen den Profis entgegen. Vergesst das nur nicht, liebe Fußballer.
Ja, die Darmstädter liegen immer noch vorne in der Tabelle, weiterhin recht komfortabel sogar, sie verloren zwar das Spiel gegen den sehr überzeugenden FC St. Pauli, ohnehin die beste Rückrundenmannschaft in der Zweiten Bundesliga, recht chancenlos mit 0:3 (0:1), verpassten damit auch den an diesem Abend bei einem eigenen Dreier möglichen Aufstieg in die Erstklassigkeit, letztlich aber büßten sie dennoch nur einen Zähler auf den drittplatzierten Hamburger SV ein. Sieben Punkte Vorsprung sind schon immer noch ein manierliches Polster.
Die Hanseaten nämlich hatten bereits tags zuvor zwei Punkte liegengelassen, nur 2:2 gegen den SC Paderborn gespielt und damit den Lilien überhaupt erst die Chance auf den Aufstieg am viertletzten Spieltag der Runde eröffnet. Und es war dann auch alles bereitet für die große Sause in Südhessen: Ein Samstagabend, der hätte sich in einer rauschenden Nacht verflüchtigen können, volles Haus im Stadion am Böllenfalltor, angenehme Temperaturen, allenthalben gute Laune sowieso.
„Keinen Stift in der Hose“
Bloß: Die Darmstädter Spieler zeigten eben nicht ihre beste Leistung, nicht das, was sie können. Zwar schossen sie nach 24 Sekunden bereits das erste Mal aufs gegnerische Tor, sie wollten also unbedingt, danach aber wirkten sie in einigen Situationen zu überhastet, spielten unsauberer Pässe, schlossen zu halbherzig ab.
„Wir hatten uns viel mehr vorgenommen. Doch leider hat es nicht gereicht, um diesmal das große Wunder zu schaffen“, sagte Mittelfeldspieler Tobias Kempe, der bereits 2015 mit den Lilien ins Fußballoberhaus aufgestiegen war. Und dann sei die zweite Liga eben „brutal“. Brutal stark.
Adam Dzwigala (45.), Elias Saad (57.) und David Otto (86.) schossen den verdienten Auswärtssieg der Hamburger heraus, die den Ball über die 96 Minuten gut laufen ließen und damit die Darmstädter Spieler diesem oft hinterher. Sankt Pauli rückte durch den Sieg bis auf vier Punkte heran an den HSV und liegt in Schlagdistanz, sollten die Rothosen tatsächlich noch zweimal patzen. Ebenso übrigens wie Fortuna Düsseldorf, das ebenfalls vier Zähler zurück ist und kommendes Wochenende gegen die Kiezkicker antritt.
Die Lilien jedenfalls hatten am Samstag auch ihre Möglichkeiten, das Spiel doch noch auf die eigene Seite kippen zu lassen, die letzte Konsequenz aber ging ihnen ab. „Wir sind enttäuscht, dass wir das Spiel verloren haben, mehr aber auch nicht“, sagte der Darmstädter Trainer Torsten Lieberknecht: „Wir müssen jetzt den Mund abputzen und stabil bleiben.“ Die Fans hätten der Mannschaft mit ihrer Reaktion nach dem Abpfiff enorm viel Kraft gegeben.
Und in der Tat: Minutenlang baute das Publikum die Mannschaft auf. Hätte jemand nur diese Szenen beobachtet, ihm wäre es schwer gefallen, Sieger und Verlierer auseinander zu dividieren. Applaus und Gesänge gab’s vor beiden Fanblöcken. „Unsere Fans waren unglaublich. Es war eine geile Stimmung. Sie haben uns bis zum Ende und auch nach dem Spiel unterstützt. Das gibt uns Mut“, sagte Tobias Kempe.
Es war dann auch so, dass der Frust über den ersten ausgelassenen Matchball für den Moment in den Gesichtern der Lilien-Spieler zwar zu erkennen war, sich bei den meisten von ihnen aber auch recht schnell in Trotz verwandelte. Dann eben nächste Woche. „Wir haben jetzt keinen Stift in der Hose“, sagte Torwart Marcel Schuhen sichtlich selbstbewusst, den Aufstieg im zweiten Anlauf kommenden Sonntag bei Hannover 96 fix zu machen.
Die Ausgangslage ist ja recht simpel: Ein einziger Dreier in den verbleibenden drei Spielen genügt den Südhessen zum direkten Aufstieg in die Bundesliga. Und selbst wenn die Darmstädter nur noch einen Punkt holen sollten, was unwahrscheinlich ist bei einem machbaren Restprogramm (Hannover, Magdeburg, Fürth), müsste der HSV schon alle drei Begegnungen gewinnen, um tatsächlich noch vorbeizuziehen an den Lilien.
Die Hamburger ihrerseits bekommen es unter anderem noch mit Jahn Regensburg und dem SV Sandhausen zu tun, also mit zwei noch verbissen um den Klassenerhalt kämpfenden Mannschaften. So beschloss auch der Darmstädter Fußballer Tobias Kempe seine Analyse zuversichtlich: „Weiter geht’s.“