BVB - endlich bereit für die Wachablösung

So spannend war der Titelkampf lange nicht mehr. Borussia Dortmund schießt sich vor dem Gipfelduell gegen die Bayern schon mal warm.
Hinterher hat Marius Wolf ein paar zusätzliche Einheiten am Mikrofon absolvieren müssen, er war ein gefragter Mann nach der 6:1 (4:1)-Gala von Borussia Dortmund gegen den bemitleidenswerten 1. FC Köln, der in eine respektable Krise rutscht. Wolf ist, trotz seiner 27 Jahre, nicht so ein brillanter Redner, der Coburger sagt gerne vor der Kamera nur das Nötigste. Aber Marius Wolf hat sich in den letzten Wochen festgespielt im BVB-Ensemble, als Rechtsverteidiger mit starkem Offensivdrang ist er längst gesetzt, er ist in diesem Jahr zu einem absoluten Leistungsträger geworden. Der Lohn erreichte ihn Mitte vergangener Woche: Da klingelte sein Handy, unterdrückte Nummer, Hansi Flick war dran, er hatte was mitzuteilen, Wolf gehört zum DFB-Kader für die Spiele gegen Peru und Belgien, „ein überragendes Gefühl“, sagte Wolf, ohnehin sei dies „mit eine der schönsten Wochen in meinem Leben gewesen“. Und natürlich werde er auch bei der Nationalmannschaft „100 Prozent geben, mal gucken, wie und wo ich da spielen werde oder darf“.
Die Nominierung für die DFB-Auswahl ist zweifellos der Höhepunkt in seiner Laufbahn, die ihn bislang durch ganz Deutschland geführt hat, 1860 München, 1. FC Nürnberg, Eintracht Frankfurt, für die er in 38 Spielen sechs Tore und elf Vorlagen geliefert hat, dann Dortmund, zweimal verliehen an Hertha und Köln und wieder zurück zum BVB. Im November sah es nicht danach aus, dass Wolf derart durchstarten würde in diesem Jahr. Damals musste sich der 27-Jährige einer OP am Herzen unterziehen, er hatte Herzrhythmusstörungen, ein Vorhofflimmern wurde diagnostiziert, die Operation war unumgänglich, je früher, desto besser. Die OP verlief bestens, er musste Blutverdünner nehmen, inzwischen ist er wieder „medikamentenfrei“ und in einer Top-Verfassung.
Angesichts solcher Hiobsbotschaften wird der Fußball unwichtig, gerade bei Borussia Dortmund. Das kann niemand besser beurteilen als etwa Sebastien Haller, der an Hodenkrebs litt und zweimal operiert werden musste. Der Stürmer, den Wolf aus seiner Frankfurter Zeit bestens kennt, ist bislang noch nicht in bestechender Form, allerdings steuerte er beim 6:1-Erfolg zwei Tore bei. Das dürfte ihm Auftrieb geben. Überragender Mann aber war der Portugiese Raphael Guerreiro, der nur wegen den sieben Ausfällen der Dortmunder im offensiven Mittelfeld spielte, das 1:0 erzielte und die nächsten beiden Treffer vorbereitete.
Lederhosen aus
Grund genug also für die mächtige Südtribüne, ordentlich in Bewegung zu geraten. „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“, schallte es in imposanter Lautstärke von der Gelben Wand. Das 6:1 über den 1. FC Köln taugte den Dortmunder Fans und Profis als Mutmacher für das Bundesliga-Gipfeltreffen am 1. April in München. Berauscht von der prächtigen Stimmung im Stadion und der anhaltenden Erfolgsserie der Borussia mit zuletzt 28 von 30 möglichen Punkten verspürte auch der berufene Marius Wolf wenig Lust auf Understatement. „Wir wissen, worum es geht nach der Länderspielpause. Wir werden nach München fahren, um dort zu gewinnen“, tönte er.
Fußball-Deutschland kann sich erstmals seit Jahren wieder auf ein echtes Spitzenduell freuen. Schließlich rüttelt der mittlerweile formstabile Revierklub gehörig am Thron des Alleinherrschers. Das schürt bei Kapitän Marco Reus, der wie Haller zwei Tore erzielte, die Vorfreude auf das Gipfeltreffen und die Hoffnung, dass sein Team in München nach mitunter krachenden Niederlagen in den vergangenen acht Ligaduellen (Tordifferenz: 6:33) diesmal nicht chancenlos untergeht: „In zwei Wochen haben wir ein richtig geiles Spiel vor der Brust.“ kil/dpa