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Bundesliga vor Megadeal

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Von: Ingo Durstewitz, Jan Christian Müller

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Haben einen Megadeal für die DFL ausgeheckt: Oliver Leki, Hans-Joachim Watzke, Axel Hellmann. Foto_ Imago Images
Haben einen Megadeal für die DFL ausgeheckt: Oliver Leki, Hans-Joachim Watzke, Axel Hellmann. Foto_ Imago Images © Hartenfelser/Imago

Die Deutsche Fußball-Liga bereitet den Einstieg eines Investors vor, der bis zu drei Milliarden Euro für Anteile an Medienrechten zahlen soll.

An diesem Freitag treffen sich die Klubchefs der 36 Fußball-Bundesligisten vor den Toren Frankfurts zur großen Mitgliederversammlung. Es gibt ein brandheißes Thema zu besprechen, bei dem es um sehr viel Geld geht. Im Hotel Gravenbruch wird aber noch nicht abschließend darüber abgestimmt, ob die Erste und Zweite Bundesliga bereit ist, 15 Prozent ihrer Medienrechte für 20 bis 30 Jahre per Lizenzvertrag an einem externen Geldgeber zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug würden bis zu drei Milliarden Euro vom Finanzinvestor an die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und die Klubs zurückfließen. Sechs Private-Equity-Unternehmen haben sich darum beworben, mit der Bundesliga gemeinsame Sache zu machen. Sie wittern ein lukratives Geschäft. Manche Klubs tun das auch. Andere wiederum nicht.

Ob es überhaupt zu dem Megadeal kommen kann, wird Mitte April entschieden. Dann will die DFL erneut alle 36 Bundesligaklubs zur Außerordentlichen Versammlung laden und sich das „Go“ holen, um mit potenziellen Strategischen Partnern aus der Finanzbranche die Gespräche zu vertiefen. Weil das Projekt erklärungsbedürftig ist und es um so viel Geld geht, treffen sich die interimistischen DFL-Geschäftsführer Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg) seit zwei Wochen bis zum nächsten Dienstag nacheinander in kleinen Gruppen mit den Klubs, die jeweils drei Leute mit in die Zentrale der DFL ins Frankfurter Westend bringen dürfen. Schriftlich liegen allen Lizenzvereinen die Pläne bereits vor. Die Manager mussten Verschwiegenheitserklärungen dafür unterschreiben, die Entwürfe nicht an Medien durchzustecken.

Die Meinungen zu dem Milliardengeschäft gehen weit auseinander. Zu den schärfsten Kritikern gehört neben dem Zweitligisten FC St. Pauli auch der 1. FC Köln. Dessen Sport-Geschäftsführer Christian Keller möchte am Freitag als Nachfolger des zurückgetretenen Berliners Fredi Bobic in den DFL-Aufsichtsrat gewählt werden. Er ist aber Außenseiter gegen Werder-Klubchef Klaus Filbry. Der Bremer gilt als Befürworter des komplexen Finanzgeschäfts, was wenig verwundert: Werder Bremen belasten aufgrund der Coronakrise und dem zwischenzeitlichen Abstieg fast 40 Millionen Euro Schulden. Der Klub musste sich sogar bei Privatanlegern Geld leihen, weil die Banken dazu nicht mehr bereit waren. Erst kürzlich lehnte der Verein als Mehrheitsgesellschafter das Ansinnen der Geschäftsführung ab, für bis zu 70 Millionen Dollar Anteile am SV Werder an einen Investor zu verkaufen, der die Bremer sodann an der US-Technologiebörse Nasdaq listen wollte.

Für viele Bundesligisten ist die Aussicht auf schnelles frisches Kapital verlockend. Mindestens eine Milliarde der veranschlagten 2,5 bis drei Milliarden Euro sollen den Vereinen ohne Auflagen direkt zukommen. Sie können das liebe Geld zur Tilgung von Verbindlichkeiten nutzen oder um Spieler einzukaufen oder um Verträge mit Profis zu verlängern, die ansonsten womöglich dem Reiz der Premier League erliegen könnten. Dafür, mal eben für 80 Millionen Euro einen neuen Starstürmer zu erwerben, so wie das in Englands Spitzenklubs an der Tagesordnung ist, reicht das zu verteilende Geld aber nicht aus.

Kölns Vizepräsident Eckhard Sauren, als Fondsmanager ein Mann vom Fach, drückte im „SZ“-Interview sein Unwohlsein mit dem dicken Deal aus: „Was kurzfristig steigen wird, sind die Spielergehälter, Ablösesummen und Beraterhonorare.“

Klar ist aber auch: Das gesamte eingesammelte Kapital darf nicht sogleich wieder in Spielerbeine gesteckt werden. Das Strategiepapier sieht vor, dass 800 Millionen Euro für den Aufbau eines eigenen Bundesliga-Streamingdienstes verwendet werden sollen. Mit einem besseren digitalen Bewegtbild-Angebot soll vor allem der immer größer gewordene Abstand zur Premier League beim Verkauf der Medienrechte in aller Welt ein wenig aufgeholt werden. Derzeit nehmen die Engländer durch die globale Vermarktung ihrer TV-und Online-Streamingrechte mehr als zwei Milliarden Euro pro Saison ein; die Bundesliga kommt noch nicht einmal auf ein mickriges Zehntel dieser Summe.

Weitere 700 Millionen Euro sollen den Bundesligaklubs zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden, um ihre Nachwuchsleistungszentren und Stadien zu modernisieren oder ihre digitalen Angebote aufzuhübschen. Mit all diesen Maßnahmen hofft die DFL, einen erheblichen Mehrwert zu erzielen und im internationalen Vergleich mit den ärgsten europäischen Konkurrenzligen aus Spanien und Italien zumindest auf Augenhöhe zu bleiben.

Aus nationaler und internationaler Vermarktung nimmt die DFL derzeit rund 1,3 Milliarden Euro pro Saison ein. Der Businessplan sieht eine mögliche Vervierfachung oder gar Verfünffachung vor. Aber nur dann, wenn die geplante fett ausgepolsterte Anschubfinanzierung steht.

Kölns Sportchef Keller fragt in der „FAZ“ allerdings ganz grundsätzlich; „Soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit wirklich das oberste Ziel der 36 Klubs sein, von denen die meisten ja fast nie oder gar nie europäisch spielen?“ Sein FC-Kollege Sauren führt kritisch aus: „Das Geld, das die Liga jetzt bekommt, wird ihr mittel- bis langfristig fehlen.“ Denn klar ist: 15 Prozent der Medienerlöse gehen über bis zu drei Jahrzehnte hinweg an den Investor und nicht an die Klubs.

Der den Plänen ebenfalls zurückhaltend gegenüberstehende Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, sagte dem NDR, für seinen Klub stehe ein Investoren-Einstieg nur dann zur Debatte, „wenn sehr, sehr, sehr klar ist, was mit dem Geld passiert. Und dass es nicht in dem Maße weiter wie bisher ungleich verteilt wird – und damit der Wettbewerb kaputtgemacht wird“. Er glaubt, dass es „derzeit sehr schwierig wird, eine Zwei-Drittel-Mehrheit pro Investoren zu bekommen“.

Die Mehrzahl von 24 der 36 Klubs ist aber laut DFL-Satzung unbedingt notwendig, um das Projekt weiter voranzutreiben. Allgemein wird erwartet, dass zumindest eine einfache Mehrheit die Pläne unterstützt, unter anderem die komplette Gruppe „fanintensive Vereine“, die sich zusammengeschlossen hat, um die Bedürfnisse der Traditionsvereine engagierter zu vertreten. Diese Interessengemeinschaft aus acht Klubs - in die der 1. FC Köln nicht mit aufgenommen werden wollte - bilden Eintracht Frankfurt, Werder Bremen, der VfB Stuttgart, Schalke 04, Hertha BSC, der VfL Bochum, Fortuna Düsseldorf und der 1. FC Nürnberg. Einige davon schleppen seit Jahren eine erkleckliche Schuldenlast mit sich herum. Andere, wie vor allem die Frankfurter Eintracht, sind bestrebt, mit einer Finanzspritze die vielleicht historische Chance zu nutzen, sich in der nationalen Spitze zu etablieren und so zu den ständigen Teilnehmern der Champions League zu gehören.

Die Befürworter des Milliardendeals argumentieren, nur so sei es möglich, das Umsatzniveau zu heben und nachhaltig zu wachsen. Das DFL-Präsidium mit dem Dortmunder Hans-Joachim Watzke an der Spitze hat sich dafür ausgesprochen, das Thema schwungvoll voranzutreiben.

Skeptiker fürchten auch, ein Investor, der natürlich mit einer stattlichen Verzinsung seines investierten Kapitals kalkuliert, könnte vehement darauf drängen, dass die TV- und Streamingrechte der Ersten und Zweiten Fußball-Bundesliga künftig auch dadurch mehr Ertrag bringen, indem die Spieltage zum Verdruss der Fans weiter zerstückelt würden, um Pay-TV-Sendern aus aller Welt somit höhere Exklusivität gewähren zu können. Die DFL weist darauf hin, dass „die Einflussnahme und Mitwirkungsrechte der Klubs jederzeit vollständig gewahrt“ blieben.

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