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Buhrufe gegen England: Ungarn fällt erneut aus der Rolle

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Von: Günter Klein

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Endstation Peter Gulacsi: Jude Bellingham und seine englischen Kollegen verlieren zum Auftakt in Budapest.
Endstation Peter Gulacsi: Jude Bellingham und seine englischen Kollegen verlieren zum Auftakt in Budapest. © AFP

Buhrufe in Budapest verärgern Englands Trainer Southgate, der vor dem Spiel in München auch an die eigenen Fans appelliert.

Es war vorigen Sommer, und man kann die Bilder und Geräusche nicht vergessen, die ungarische Fußballfans bei der Europameisterschaft schufen. In den Heimspielen gegen Portugal und Frankreich, im letzten Gruppenmatch in München. Die Corona-Einschränkungen waren in Ungarn damals schon fast alle gefallen, die Puskas-Arena durfte gefüllt werden, doch es wurde kein Fest der Lebensfreude gefeiert, sondern der Gehässigkeit zelebriert. Der französische Starstürmer Kylian Mbappé wurde mit Affenlauten konfrontiert. Es war klar, dass die Uefa das nicht würde durchgehen lassen.

Die Summe aus rassistischen Anfeindungen während der EM 2021 und ähnliche Vorfälle im WM-Qualifikationsspiel gegen England im Herbst führten zu einer Zuschauersperre für drei Heimspiele in einem Uefa-Wettbewerb, das dritte (es wird das am kommenden Samstag gegen Deutschland sein) zur Bewährung ausgesetzt. Zugelassen gewesen wäre zum Auftakt der Nations League nur ein Kontingent an Medien. Darauf hatten sich auch die Engländer eingestellt – bis Trainer Gareth Southgate von der Trickserei der Ungarn erfuhr. Sie nutzten ein Schlupfloch in den Uefa-Regularien. Kinder bis zu 14 Jahren durften ins Stadion, 30 000 Freitickets wurden verteilt. Und auf zehn Kinder war eine erwachsene Begleitperson erlaubt. Eine friedlich-fröhliche Kulisse hätten die Engländer akzeptiert – doch was dann geschah, machte ihnen zu schaffen.

Es hat sich bei den Three Lions eingespielt, dass sie vor dem Anpfiff auf die Knie gehen. Es ist ein weltweiter Code gegen Rassismus und jedwede Form von Diskriminierung. „Wir wollen Leute erziehen und das Bewusstsein schärfen“, erklärt Southgate. Kinder sind gerecht, sie müssten das verstehen. Doch die ungarischen Kinder in Budapest buhten und pfiffen die Engländer am Samstag aus. Southgate zeigte sich hinterher empört: „Die Kinder werden offenbar von den Erwachsenen beeinflusst.“ Ungarn gewann das Nations-League-Duell dann auch noch mit 1:0, Torschütze der Hausherren war der Leipziger Offensive Dominik Szoboszlai mit einem Elfmeter. Eine Randnotiz an diesem Tage.

Southgate jedenfalls weiß: Die eigene Gesellschaft ist nicht frei von Vorbehalten. Nach dem verlorenen EM-Finale von Wembley waren junge dunkelhäutige Nationalspieler Englands, die Elfmeter verschossen hatten, angefeindet worden. Umso wichtiger ist Aufklärung. Die deutsche Nationalmannschaft, die an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) in München auf die Fußballer von der Insel treffen wird, steht nah an Englands Seite: Vor dem EM-Achtelfinale hatte sie sich der „Take a knee“-Aktion angeschlossen – und im eigenen Land dafür diverse Schmähungen aus rechten Kreisen erfahren.

Gareth Southgate hat längst auch fürs Deutschland mahnende Worte gewählt - diesmal aber an den eigenen Anhang. Eingedenk manch schlimmen Vorfalls fürchtet er, dass sich die Fans der Three Lions daneben benehmen könnten und „uns blamieren“. Und er betonte zugleich, dass sich dies „definitiv“ auf die Leistung seiner Mannschaft auswirken werde: „Du schämst dich, wenn du davon hörst“, es sei ja ein Spiegelbild des eigenen Landes. Deswegen hoffe er, „dass sich die Leute benehmen“.

Tatsächlich sind die Sicherheitsbehörden alarmiert. In beiden Ländern. Vor dem Spiel mussten 880 englische bekannte Krawallmacher ihre Pässe bei der Polizei abgeben. Die Stadt München hat ein Verbot von Glasflaschen in der Innenstadt erlassen. Auf Anraten der Polizei wollen die Behörden mit dieser Maßnahme Gefahren wie mögliche Ausschreitungen verhindern. „Wir wollen, dass unsere Fans respektvoll zu München und einem anderen Land sind“, sagte Englands Mittelfeldspieler Kalvin Phillips. mit sid

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