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Becherwurf von Bochum: Gerechtigkeit und Moral

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Von: Thomas Kilchenstein

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Der Leidtragende: Linienrichter Christian Gittelmann.
Der Leidtragende: Linienrichter Christian Gittelmann. © dpa

Gladbach bekommt nach dem Becherwurf von Bochum die Punkte zugesprochen. Ungeachtet dessen hat die VfL-Forderung nach einer Spielwiederholung einen schalen Beigeschmack. Ein Kommentar.

Dass der Becherwurf von Bochum, in dessen Folge ein Linienrichter verletzt und ein Bundesligaspiel abgebrochen wurde, so vom DFB-Sportgericht geahndet wurde, nämlich mit einem 2:0-Sieg für Borussia Mönchengladbach, entspricht dem Rechtsempfinden des gesunden Menschenverstandes. Es wäre ja geradezu absurd, wenn, wie vom VfL Bochum gefordert, diese Begegnung wiederholt worden wäre. Die Partie stand ja, als sie nach 69 Minuten abgebrochen werden musste, ohnehin 2:0 für die Gladbacher. Ein Präzedenzfall hatte es vor elf Jahren gegeben, 2011, war auf St. Pauli ebenfalls ein Linienrichter getroffen, die Partie wurde für Gegner Schalke 04 gewertet. Und das Gericht begründete sein aktuelles Urteil damit, dass der Veranstalter für seine Zuschauer verantwortlich ist und „das Verschulden der Zuschauer dem Verein zuzurechnen ist“.

Der Schwarze Peter liegt also beim Klub. Wie aber, und das war die Argumentation der Bochumer, kann ein Verein für das Fehlverhalten eines Einzelnen haftbar gemacht werden? Wie hätte der Klub den Becherwurf verhindern können? Dieser Werfer, ein Bochumer und inzwischen dingfest gemacht, hatte sein Getränk legal erworben, er hat es nicht ins Stadion geschmuggelt, dem VfL sei deswegen kein Verstoß gegen etwaige Pflichtverletzungen vorzuhalten, argumentierte der VfL. Wären Böller gezündet worden oder Pyros, die Sachlage wäre eindeutig gewesen: Der Veranstalter trägt die Verantwortung für die Sicherheit, er hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass derartige Gegenstände nicht ins Stadion gelangen. Deshalb hagelt es beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern in den Arenen stets saftige Geldstrafen für den Heimklub, einerlei in welchem Block gezündelt wird. Und dass Bochum ein Problem mit Becherwürfen hat, ist hinlänglich bekannt, es wurden selbst vor diesem Spiel noch entsprechenden Appelle gestartet.

Die jüngst erhobene Forderung des VfL Bochum nach einer Spielwiederholung hat dessen ungeachtet einen schalen bis bitteren Beigeschmack. Anständig ist es nicht, mit juristischen Spitzfindigkeiten ein verlorenes Spiel am Grünen Tisch zu retten. Bei einer eigenen 3:0-Führung hätte es wenigstens einen nachvollziehbaren sportlichen Ansatz gegeben. Aber so? Die Vernunft sagt, dass das Verhalten des VfL Bochum nicht richtig war.

Sicher: Im Abstiegskampf wird mit allen Mitteln agiert, da wird mit harten Bandagen gekämpft - auch mit solchen, die dem Fairplay-Gedanken zuwiderlaufen und das Gerechtigkeitsgefühl verletzen. Zudem: Gäbe es tatsächlich eine Wiederholung würde das Werfern ja Tür und Tor öffnen, je nach Spielstand in eine Partie einzugreifen.

Schon einmal hat der VfL Bochum versucht auf sehr unschöne Art und Weise sich am Grünen Tisch einen Vorteil zu verschaffen: Vor drei Jahren legten sie nach einem verlorenen Spiel Protest gegen die Wertung ein, weil der Hamburger SV angeblich einen nicht spielberechtigten Profi, Bakary Jatta, eingesetzt habe. Dieses von allen Gerichten zurückgewiesene Gerücht hatte seinerzeit die „Bild“-Zeitung in die Welt gesetzt.

Der VfL Bochum ist drauf und dran, sein gutes Image zu verspielen.

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