Bayern zieht an Wolfsburg vorbei: Vorbote der Wachablösung

Der FC Bayern erobert im Topspiel gegen den VfL Wolfsburg verdientermaßen die Spitze der Frauen-Bundesliga.
Die Freudenszenen waren vielleicht schon eine Kostprobe auf das, was auf dem Campus des FC Bayern noch kommen könnte: Wenn am 28. Mai das abgeschlagene Schlusslicht Turbine Potsdam im Münchner Norden gastiert und Lina Magull und ihre Mitspielerinnen immer noch Spitzenreiterinnen der Frauen-Bundesliga sind, dann könnten die Bilder danach genauso aussehen: im Kreis hüpfende FCB-Spielerinnen, die zu den Klängen von „Sweet Carolina“ das Hochgefühl auskosten, „Wir sind echt happy“, sagte Kapitänin Magull nach dem hochverdienten 1:0 (0:0)-Sieg gegen den VfL Wolfsburg im streckenweise recht unterhaltsamen Spitzenspiel der Frauen-Bundesliga. Die Bayern können nach 2015, 2016 und 2021 das vierte Mal deutscher Meister werden.
Sie überholten am 16. Spieltag endlich, endlich ihren ewigen Rivalen aus dem östlichen Niedersachsen, der in der Hinrunde noch von Sieg zu Sieg geeilt war – und zuletzt ja immer in entscheidenden Momenten die Nase vorn hatte. Nun nutzte nicht mal eine Merle Frohms in Weltklasseform, um den Wolfsburger Rückschlag im Titelkampf abzuwenden. Beim von der englischen Europameisterin Georgia Stanway sicher verwandelten Handelfmeter (84.) war auch die deutsche Nationaltorhüterin machtlos.
Ergebnismaschine FC Bayern
„Es ist noch ein hartes Stück Arbeit, aber wir werden alles tun, um den ersten Platz zu verteidigen“, versprach Mittelfeldantreiberin Magull. Stolperstein kann eigentlich nur noch das Heimspiel gegen den Favoritenschreck TSG Hoffenheim am 13. Mai sein. Der Rest sind Pflichtaufgaben.
Was für die Bayern spricht: 14 Pflichtspielsiege in Folge, davon zuletzt siebenmal ohne Gegentor. Unter Anleitung des norwegischen Fußballlehrers Alexander Straus sind die Bayern eine Ergebnismaschine geworden, die wie zuletzt in der Champions League gegen Arsenal (1:0) auch Mängel im Ballbesitzspiel mit einer besonderen Mentalität kaschiert. „Wir sind stolz auf unsere Spielerinnen, die eine perfekte Woche hinter sich haben. Weiter so!“, rief Präsident Herbert Hainer über die Klubkanäle aus. Die Frauen demonstrieren seit Jahresbeginn eine Konstanz, die die Männer gerade vermissen lassen. Der Doublesieger Wolfsburg schob jedenfalls mächtig Frust.
Torjägerin Alexandra Popp, die derzeit ihre beste Position und damit auch ihre EM-Form sucht, ärgerte sich über die Tatsache, „dass wir jetzt in Lauerstellung liegen.“ Torhüterin Frohms erklärte: „Es ist jetzt unsere Aufgabe, Siege einzufahren – und dann müssen wir hoffen, dass Bayern patzt.“ Ein völlig neues Gefühl für die Wölfinnen, die drei Tage nach dem kräftezehrenden Champions-League-Auswärtsspiel bei Paris St. Germain (1:0) zu früh in den Verwaltungsmodus schalteten. „Wir sind jetzt die Jäger und nehmen diese Rolle mit aller Macht an“, betonte VfL-Trainer Tommy Stroot.
Der Spielplan gibt ihm rasche Gelegenheit zur Revanche: Zum einen gibt es das Duell Bayern gegen Wolfsburg ja gleich auch noch im DFB-Pokalhalbfinale am 15. April. Und wenn die beiden deutschen Spitzenklubs in ihren Viertelfinalrückspielen der Champions League ihren Vorsprung durchbringen – Bayern am Mittwoch in London, Wolfsburg am Donnerstag gegen Paris – dann trifft man sich auch im Halbfinale der Königsklasse Ende April noch zweimal.
Die Machtprobe würde damit auf die Spitze getrieben. Bayern-Coach Straus sah den Nachweis erbracht, dass die sich seit zehn Jahren alle nationalen Titel aufteilenden Topteams, auch international zu Recht ganz vorne dabei sind: „Das Spiel heute war beste Werbung für den deutschen Frauenfußball.“
Der Rahmen passt nicht
Was nicht passte, war der Rahmen bei der Liveübertragung der ARD. In einer Saison, in der reihenweise die Tore zu den großen Stadien aufgehen, entschieden sich die Bayern gegen einen Umzug in die Arena. Interesse war gleichwohl vorhanden: Die nur 2500 Plätze auf dem Campus waren in 30 Minuten ausverkauft.
Erst vergangenen Mittwoch waren 20 000 Fans zur Münchner Arsenal-Partie in die wegen der Länderspielpause der Männer verwaiste Arena in Fröttmaning gekommen. Der FC Bayern begründet die Zurückhaltung mit hohen Organisationskosten im sechsstelligen Bereich. Doch andere Klubs tun mehr. Bald peilt der Abstiegskandidat 1. FC Köln im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (23. April) im großen Stadion den nächsten Publikumsrekord an. Frankfurt zieht wiederum fürs Heimspiel gegen Wolfsburg (14. Mai) nach dem Eröffnungsspiel gegen die Bayern vor der Rekordkulisse von 23 200 Fans in die Arena. Warum der reichweitenstärkste Verein Deutschlands da auf der Bremse steht, ist eigentlich ein Rätsel.