Bayern voller Adrenalin

Bayern München hakt den Arbeitssieg gegen Stuttgart routiniert ab und fiebert dem Showdown gegen PSG entgegen.
Um diesen Thomas Müller zu verstehen, lohnt es sich oft, auf Details zu achten. Am Samstagabend etwa, als der 33-Jährige als einer der letzten Spieler des FC Bayern nach dem 2:1 gegen den VfB auf dem Weg aus dem Stuttgarter Stadion war, sagte er vor seiner Rede zur Nation: „Wir müssen uns beeilen, sonst verpasse ich den Bus.“ Er musste selbst lachen, als er hinzufügte: „Und das wird teuer.“ Ein Strafenkatalog gehört bekanntlich zum Grundgerüst des ,neuen‘ FC Bayern, also jenem, bei dem alle Mann ohne Nebenschauplätze an einem Strang ziehen wollen. Und dass Müller die Betonung des wiederentdeckten Mia san mia am Herzen lag, merkte man nach der Generalprobe für den Showdown am Mittwoch gegen Paris St. Germain in jedem Satz.
„Wenn der FC Bayern oben steht, habe ich immer ein gutes Gefühl“, sagte der Kapitän nach dem geglückten Sprung zurück an die Tabellenspitze. Dass das Topspiel im Schwabenland nach Toren von Matthijs de Ligt (39.) und Eric Maxim Choupo-Moting (62.) am Ende, nachdem Juan José Perea (88.) zum Anschluss getroffen hatte, noch mal spannend wurde, war auch Müller nicht entgangen. Aber er wollte den Fokus bewusst auf das Positive lenken, das da war: „Wir haben gewonnen, wir sind wieder Tabellenführer. Das ist das A und O.“
Der Mann, der das 2:0 vorbereitet hatte, hielt es da ähnlich wie sein Trainer. Julian Nagelsmann fasste das Gefühl, mit dem der Tross die zweieinhalbstündige Heimfahrt über die A8 antrat, treffend zusammen: „Am Ende steht das Ergebnis über allem.“
Auf dem Papier war die Generalprobe tatsächlich gelungen. Trotzdem konnten die Beteiligten nicht leugnen, dass jene Elf, die Nagelsmann wohl auch am Mittwoch mit dem kleinen 1:0-Polster ins Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals schicken wird, noch Luft nach oben hat. Am deutlichsten wurde Leon Goretzka, der gleich „einiges“ gesehen hatte, das man „nach dem 2:0 falsch gemacht“ habe.
Unsauberheiten im Ballbesitz, zu wenig intensives Gegenpressing – all das könnte gegen PSG fatal sein. „Da laufen schon noch mal andere Spieler in die Tiefe, das muss uns klar sein“, betonte Goretzka, der tatsächlich, bekleidet in Badeschlappen, bedient wirkte. Deutlich mehr als andere. Denn dass der Abend am Ende auch mit einem 2:2 enden könne, „darf uns nicht passieren“.
Abstiegskandidat Stuttgart hatte gekämpft und alles reingeworfen, und die intensive Schlussphase – da wäre wieder der Müller-Blick – „war vielleicht eine gute Prüfung für PSG“. Auch Torhüter Yann Sommer war mittendrin in dieser Partie, oft am Ball, nicht nur souverän. Am Mittwoch hat er es mit anderen Kalibern zu tun – aber auch die Bayern wirken deutlich selbstbewusster als noch zum Start ins Fußballjahr. Wenn Kylian Mbappé verlauten lässt, dass PSG immer Favorit sei, versichert Goretzka: „Selbiges gilt für uns.“ Und auch wenn der Superstar von PSG nach seinem 201. Pflichtspieltreffer (Rekord) tönt, die Tore 202 bis 204 in München schießen zu wollen, kann man das schon einordnen. Torschütze und Abwehrchef de Ligt kündigte an, „extra konzentriert“ zu sein. Und während Müller seine Teamkollegen als „richtig gierig“ beschrieb, versicherte Nagelsmann: „Wenn wir auf 100 Prozent kommen, sind wir schwer zu schlagen.“
Wie diese 100 Prozent – also doch deutlich mehr als in Stuttgart – auf den Platz zu bringen sind, muss man in zwei Trainingseinheiten herausfinden. Goretzka versicherte: „Wir brennen alle“, Müller freut sich auf „ein enges Ding“. Und die Bosse schwiegen. Im Eiltempo sah man Hasan Salihamidzic in Richtung Bus laufen. Zu spät kommen will bei diesen ,neuen‘ Bayern niemand.