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Bayern München: Kaiser ohne Kleider

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Von: Thomas Kilchenstein

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In der Kritik: Bayern-Boss Oliver Kahn.
In der Kritik: Bayern-Boss Oliver Kahn. © dpa

Sollten die Bayern am Samstag nur als Vize ins Ziel kommen, werden sie in teure Kräfte investieren und personell aufrüsten - die Frage ist aber, ob das Problem nicht tiefer liegt.

Wenn nicht alles schiefgeht und ein grausamer Fußballgott doch noch seine Füße irgendwie ins Spiel bringt - womöglich der VAR -, dann steht der FC Bayern heute am späten Nachmittag nackt da, ein Kaiser ohne Kleider sozusagen. Erstmals seit elf Jahren ginge eine Deutsche Meisterschaft nicht in den Süden, das ist per se schon mal nicht schlecht, die ewige Hegemonie aus München langweilte das Volk doch arg. Was aber auch daran lag, dass es die versammelte Bundesliga in mehr als einem Jahrzehnt nicht hinbekommen hat, dem FC Ruhmreich etwas Ebenbürtiges entgegenzusetzen, einen ernstzunehmende Opponenten zum Beispiel.

Und zur Wahrheit gehört ja auch, dass der designierte Titelträger aus Dortmund nicht mit Pauken und Trompeten durch diese Saison gezogen ist, sondern - nach einer in der Tat bemerkenswerten Aufholjagd - erst ganz spät von der Selbstdemontage der plötzlich außer Rand und Band agierenden Bayern profitierten.

Noch einmal dürfte dem FCB ein solcher Flop nicht passieren. Eine derartige Watschn verlangt Wiedergutmachung, diese Blamage werden sie sicher nicht reaktionslos hinnehmen. Vermutlich werden die Bayern ihren Kader gewaltig durcheinanderwirbeln, vermutlich auch aussortieren, werden neue, teure Kräfte holen, mit einiger Verlässlichkeit einen Mittelstürmer, sie werden in Führung und Mentalität investieren, sie werden aufrüsten, um stärker denn je zurückzuschlagen. Geld ist genug vorhanden, ihr finanzieller Vorsprung gegenüber der nationalen Konkurrent ist trotz des deutlichen Verpassens all ihrer Saisonziele immer noch horrend.

Andererseits geht auch der Trainer Thomas Tuchel mit einem schweren Rucksack in die neue Saison. Seine ersten beiden Monate in München sind alles andere als reibungslos verlaufen, sie haben an ihm gezehrt, auch er ist angezählt. So viele Spiele wie er in dieser kurzen Zeit hat Vorgänger Julian Nagelsmann in der ganzen Saison zuvor nicht verloren. Auch der als Welttrainer hochgelobte Tuchel hat keine Mittel gegen den dramatischen Abwärtstrend gefunden. Manchmal, eigentlich viel zu oft, wirkte er selbst komplett ratlos über das Gebotene. Und ein paar Schwierigkeiten um die Personalien Goretzka, Kimmich, Müller, Sané hat er ebenfalls am Hals.

Grundsätzlich ist aber die Frage offen, ob neue Spieler die Misere der Bayern lindern. Oder liegt das Problem tiefer, ist also strukturell bedingt. Das fängt in der Chefetage an, bei CEO Oliver Kahn, und ist beim überforderten Sportvorstand Hasan Salihamidzic noch nicht zu Ende. In diesemnPunkt könnte immerhin in drei Tagen in der mit einiger Spannung erwarteten Aufsichtsratssitzung Klarheit schaffen. Womöglich kehrt ja auch die graue Eminenz vom Tegernsee zurück. Es ist einiges verrutscht bei den Bayern zuletzt. Mit Handauflegen oder einem Federstrich wird es nicht getan sein.

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