Bayern-Gegner Villarreal: Die Kraft im Kleinen

Warum der Europa-League-Sieger FC Villarreal auch den FC Bayern in der Champions League nicht fürchtet.
Villarreal, so viel ist gewiss, hat nicht das Flair seiner Nachbarstadt Valencia. Drumherum leben die meisten Menschen von der Landwirtschaft, wie große Orangenplantagen belegen. Ansonsten dominiert in der 50 000-Einwohnerstadt die Keramik-Industrie: Hochwertige Fliesen gehen von hier aus in die ganze Welt. Der FC Villarreal trägt seine Heimspiele auch im Estadio La Ceramica aus, denn seit Ende der 90er Jahre gibt der Porzellanfabrikant Fernando Roig im Klub die Richtung vor. Der Firmenschriftzug prangt auf den Trikots einer Mannschaft, die im Champions-League-Wettbewerb gerade die schönste Überraschungsgeschichte schreibt. Der Siebte der spanischen Liga hat im Achtelfinale den italienischen Renommierklub Juventus Turin (1:1, 3:0) aufs Kreuz gelegt und will sich jetzt im Viertelfinale gegen den deutschen Rekordmeister FC Bayern behaupten. Vor dem Hinspiel (Mittwoch, 21 Uhr/ Dazn) bringt Trainer Unai Emery die Ausgangslage gut auf den Punkt. „Wenn man sich ihre Zahlen, Namen und die Geschichte anschaut“, sagte der 50-Jährige, dann könne man zu den Münchnern nur aufschauen: „Sie sind bewunderungswürdig“, und ohne Frage „der klare Favorit“. Aber: „Es gibt Argumente, mit denen wir arbeiten können.“
Seit fast zweieinhalb Jahren arbeitet der gebürtige Baske für das „gelbe U-Boot“, wie der Verein auch genannt wird, und es sieht von außen so aus, als habe ein bei Paris St. Germain oder FC Arsenal nicht immer überzeugend wirkender Fußballlehrer erst wieder eine Stufe hinuntersteigen müssen, um sein Glück zu finden. Wobei zu seiner Ehrenrettung gesagt werden muss: Sprachliche Probleme machten es ihm in beiden Metropolen nicht leicht. Was der Mann bewegen kann, wenn er Gehör findet, hatte er schon beim FC Sevilla gezeigt, wo er drei Mal hintereinander die Europa League gewann (2014 bis 2016).
Im vergangenen Jahr glückte ihm das Kunststück im Finale gegen Manchester United, als Emerys Mannschaft ein episches Elfmeterschießen (11:10) für sich entschied. Der Lohn: die Beförderung in die Königsklasse. Dort dachte man gar nicht daran, die wirtschaftliche Bescheidenheit – der aktuelle Haushalt soll bei knapp 140 Millionen Euro – als entscheidenden Nachteil zu begreifen.
Emery musste bleiben
Die meisten Stützen eines fast immer taktisch exzellent eingestellten Ensembles haben einen spanischen Pass: Regisseur Daniel Parejo etwa, auch Abwehrspieler Pau Torres oder die Offensivkräfte Gerard Moreno oder Yeremy Pino, die allesamt zum Kreis jener spanischen Nationalelf gehören, auf die Deutschland im zweiten WM-Gruppenspiel treffen wird. Es gibt einige Gründe, warum der spanische Vereinsfußball und seine Nationalmannschaft ein höheres Level erreicht haben als Deutschland – einer davon ist die Basisarbeit, die Klubs wie der FC Villarreal erledigen. Roig betont immer wieder, dass Investitionen in die Infrastruktur und Talentförderung unter seiner Ägide nicht verhandelbar sind.
Der Milliardär war auch so frei, den Verlockungen des neuerdings aus Saudi-Arabien gepamperten Premier-League-Klubs Newcastle United einen Riegel vorzuschieben, als die Engländer Ende vergangenen Jahres plötzlich versuchten, Erfolgsgarant Emery zu ködern. Noch ehe sich der Coach mit der angeblich unmoralischen Offerte beschäftigen konnte, hatte der Vereinschef schon „No“ gesagt.