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Aufregendes Gipfeltreffen

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Von: Daniel Schmitt

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Verbissen geführtes Spitzenspiel in Liga zwei. Foto: dpa
Verbissen geführtes Spitzenspiel in Liga zwei. Foto: dpa © dpa

Wortgefechte, abfällig Gesten, guter Fußball: Das Zweitliga-Topspiel zwischen dem SV Darmstadt 98 und dem Hamburger SV liefert beste Unterhaltung.

Den langgezogenen Abpfiff begleitete Torsten Lieberknecht mit einem noch längeren Schrei, einen des Jubels. Blickrichtung Co-Trainer, geballte Fäuste, leicht abgesenkte Knie, durchgebogener Rücken - all die Energie rauspustend. Und es steckte viel Energie an diesem Samstagabend im Körper des Trainers vom Zweitligisten Darmstadt 98. Das Topspiel der Liga, jenes des Spitzenreiters aus dem Hessischen gegen den ärgsten Verfolger, den Hamburger SV, war eines, bei dem nicht nur der Blick auf das Feld lohnte.

Das 1:1 (0:1) am Darmstädter Böllenfalltor, das beiden Teams weiterhin beste Chancen im Aufstiegsrennen lässt, lieferte auch an der Seitenlinie allerhand Aufregendes - im wahrsten Sinne des Wortes. Vorwiegend nämlich zwei Trainer, Darmstadts Lieberknecht und Hamburgs Tim Walter, die während der 96 Minuten ähnlich angestrengt durch ihre Coaching Zone marschierten wie manch Profi über den Platz.

Dazu Wortgefechte noch und nöcher, mal mit dem fußballlehrenden Widerpart, mal mit dem gegnerischen Lilien-Manager Carsten Wehlmann (sonst die Gelassenheit in Person), mal mit der ganzen Ersatzbank des anderen Teams, häufig mit dem Linienrichter, und hauptsächlich mit dem Vierten Offiziellen. Patrick Schwengers, 28, eine eher unerfahrene Kraft im Profitum, erlebte das Spiel in durchgehender Stereobeschallung.

„Intensiv“ betitelten die beiden Übungsleiter später am Abend die Partie unisono, nachdem sie auf dem Feld erst sich und dann auch das vorher ständig mit wilden Körperbewegungen kritisierte Schiedsrichtergespann um den Chef Christian Dingert abgeklatscht hatten. Immerhin da passte der Ton.

Das lag sicher auch daran, dass beide Trainer mit der Punkteteilung am Ende ganz gut leben konnten. „Das 1:1 geht insgesamt in Ordnung, weil Darmstadt extrem viel investiert hat“, sagte Walter und wurde flankiert von Lieberknecht: „Durch den späten Zeitpunkt des Tores sind wir mit dem Punkt zufrieden, obwohl auch ein Sieg möglich gewesen wäre.“ Ransford-Yeboah Königsdörffer hatte die Hamburger früh in Führung geschossen (4. Spielminute), Filip Stojilkovic recht spät für die Darmstädter ausgeglichen (81.).

Im Grunde verschliefen die Hausherren lediglich die ersten fünf Minuten, was prompt bestraft werden sollte, weil Frank Ronstadt auf links seinen Gegenspieler Königsdörffer gewähren ließ. „Eine Unachtsamkeit“, sagte Lieberknecht, was es nicht ganz traf, eher ein kapitaler Bock. Doch sei’s drum.

Fortan in diesem Spiel machten die Darmstädter das, was sonst die Hamburger tun: Bällchen laufen lassen. Erstaunlicherweise hatte die vorgebliche Ballbesitz-Mannschaft aus Hamburg nach dem Abpfiff weniger Ballbesitz (45 Prozent) als die vermeintliche Langholz-Truppe aus Darmstadt. Die Lilien ließen die Kugel gekonnt laufen, flach, genau, sicher. Starke 74 Prozent ihrer Zuspiele kamen an.

Gerade Kapitän Fabian Holland, eigentlich Linksverteidiger, brillierte als Sechser im Mittelfeld. Mal putzte er hinten aus, mal schlug er vorne eine Flanke in die Mitte, um kurz drauf im Zentrum die Kollegen wieder einzuweisen. Und das war ja durchaus nötig, hatten die Darmstädter doch erneut mit riesigen Personalproblemen zu kämpfen - vor allem im Defensivbereich.

Die Dreierkette um Abwehrchef Christoph Zimmermann, den jungen Clemens Riedel und den fußballerisch limitierten Mathias Isherwood genügt ganz grundsätzlich eher nicht allerhöchsten Ansprüchen, aber sie hielt den Angriffen des HSV eben doch meist stand. Die Abstimmung passte, die Willenstärke machte manch Defizit wett.

„Wir haben einen wirklich guten Ball gespielt gegen eine Mannschaft mit enormer Qualität“, lobte Holland, während Lieberknecht die Stehaufqualitäten seiner Truppe in den Fokus rückte: Nach dem frühen Rückschlag habe seine Truppe nämlich nicht aufgesteckt, sondern: „Wir sind auf dem Gaspedal geblieben.“ Der SV 98 gestaltete die Partie rasch ausgeglichen, vergab in Person von Mathias Honsak kurz vor der Pause eine Hundertprozentige, um sich eine knappe Stunde später doch noch zu belohnen.

Filip Stojilkovic, für fast zwei Millionen Euro im Winter vom FC Sion geholt, setzte die erste Duftmarke in seiner Zeit bei den Lilien. An der Mittellinie sprintete er los, mit dem Ball vorbei am überforderten Hamburger Jonas David und spitzelte die Kugel gekonnt ins Eck. „Ein Augenschmaus“, wie Lieberknecht fand. Einer, den der Trainer von den Emotionen gepackt nicht etwa in seiner Coaching Zone, sondern unmittelbar neben der Hamburger Ersatzbank abfeierte.

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