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Schmäh-Gesänge gegen den „Judenverein“: Fußball-Skandal in Amsterdam

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Von: Alexander Kaindl

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Rund um das Spiel zwischen Ajax Amsterdam und AZ Alkmaar kam es zu antisemitischen Gesängen – und 154 Festnahmen.
Rund um das Spiel zwischen Ajax Amsterdam und AZ Alkmaar kam es zu antisemitischen Gesängen – und 154 Festnahmen. © MB Media Solutions / Matthias Koch / Imago

Ajax Amsterdam musste in der Eredivisie gegen AZ Alkmaar ran. 154 Gäste-Fans kamen nicht ins Stadion – wegen eines neuerlichen Antisemitismus-Skandals.

Amsterdam – Zum ersten Mal nach vier Jahren wird der niederländische Fußball-Meister nicht Ajax Amsterdam heißen. Nach dem 0:0 gegen AZ Alkmaar ist für den Rekordchampion auch rechnerisch der letzte Zug abgefahren. Die wirklich traurige Geschichte hinter diesem torlosen Remis ist aber eine andere.

Eredivisie
Gründung:1956
Tabellenführer (Stand: 7. Mai):Feyenoord Rotterdam
Rekordmeister:Ajax Amsterdam (36 Titel)

Antisemitismus im niederländischen Fußball: Fans nach Gesängen festgenommen

Was war passiert? Es war das große Verfolgerduell in der Eredivisie am Samstagabend. Ajax erwartete als Tabellendritter den Viertplatzierten aus Alkmaar in der Amsterdamer Johan-Cruijff-Arena. Einige Gäste-Fans kamen aber gar nicht erst ins Stadion. Denn: Die niederländische Polizei hatte sie zuvor festgenommen.

Nach offiziellen Angaben hatten sich 154 Alkmaar-Anhänger derart daneben benommen, dass den Beamten gar keine andere Wahl blieb. Mehrmals hatte die Polizei die Personen aufgefordert, ihre antisemitischen Gesänge auf ihrer Metro-Fahrt in den Amsterdamer Südosten zu unterlassen. Doch die selbsternannten Fans machten einfach weiter.

Antisemitismus-Skandal in den Niederlanden? Trauriger Alltag

Gegen 19 Uhr, also rund zwei Stunden vor Spielbeginn (21 Uhr), wurde der Zug schließlich kurz vor der Arena in Amsterdam gestoppt. Den Alkmaar-Anhängern wird zudem die Beleidigung von anderen Gruppen vorgeworfen. Neben einigen Wagen der Metro soll auf dem Weg in das Gefängnis einer der Transportbusse von den Festgenommenen beschädigt worden sein. Auch während der Fahrt sollen die Fans ihre Gesänge weitergeführt haben.

Nüchtern betrachtet also ein handfester Skandal. In Fußball-Holland nichts weiter als trauriger Alltag.

Ajax Amsterdam ist der „Judenverein“: Geschmacklose Gesänge an der Tagesordnung

Antisemitismus ist im niederländischen Fußball ein erstaunlich präsentes Thema. Ajax Amsterdam wird in unserem Nachbarland als „Judenverein“ bezeichnet, Fans der Konkurrenz – fast egal, von welchem Klub – spielen mit geschmacklosen Gesängen quasi ständig darauf an.

Vielleicht nicht immer so offensiv wie nun die Alkmaar-Fans in der Öffentlichkeit. Trotzdem schwingt der Antisemitismus dauerhaft mit. Übrigens nicht nur bei den Fans.

Lex Immers nach „Judenjagd“-Lied für fünf Spiele gesperrt

2011 wurde Lex Immers, damals Spieler von Ado Den Haag, für fünf Spiele gesperrt, weil er nach einem Sieg gegen Ajax das Lied „Wir gehen auf Judenjagd“ anstimmte.

Hans Knoop, jüdischer Journalist und Sprecher einer Stiftung, die sich gegen Antisemitismus im niederländischen Fußball engagiert, erklärte damals im Gespräch mit dem Spiegel: „Die gegnerischen Fans sind nicht unbedingt antisemitisch eingestellt, aber sie sind gegen Ajax. Und wenn Ajax die Juden sind, dann müssen sie eben gegen die Juden sein.“

Im Video: Bis 2026: Mislintat neuer technischer Direktor bei Ajax

AZ Alkmaar reagierte zunächst nicht auf die Festnahmen

Von AZ Alkmaar gab es zunächst keine Stellungnahme. Auch in den großen niederländischen Medien war am Abend des Spiels und am Morgen danach kaum etwas über die Festnahmen zu lesen. Bewusstes Herunterspielen oder schon so traurig normal, dass das Thema gar nicht mehr zum Thema wird? Vor diesem Hintergrund wird deutlich: Der niederländische Fußball hat in dieser Beziehung ein gewaltiges Problem.

Große Aufmerksamkeit erzeugte zuletzt auch das traurige Schicksal von PSV-Pressesprecher Thijs Sleegers. (akl)

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