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Der 100-Millionen-Euro-Mann

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Von: Frank Hellmann

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Dayot Upamecano hatte in dieser Saison bereits hervorragende Auftritte.
Dayot Upamecano hatte in dieser Saison bereits hervorragende Auftritte. © afp

Dayot Upamecano ist eines jener Toptalente, die von der ersten Champions-League-Saison mit RB Leipzig besonders profitieren sollen.

Die Kaliber werden größer, die Namen bekannter. Aber kann es Dayotchanculle Oswald „Dayot“ Upamecano wirklich schrecken, dass seine Gegenspieler heute vielleicht Ryan Babel, Ricardo Quaresma oder Alvaro Negredo heißen? Der niederländische Wandervogel, der portugiesische Draufgänger und der spanische Mittelstürmer stehen bei Besiktas Istanbul unter Vertrag, aber das französische Abwehrtalent von RB Leipzig hat genau auf solche Herausforderungen gewartet, die ihm mit dem zweiten Champion-League-Auftritt (Dienstag 20.45 Uhr) geboten werden. Und wenn der erst 18 Jahre alte Innenverteidiger seinen Job so erledigt wie beim Debüt gegen den AS Monaco (1:1), dann ist niemanden bange.

Hervorragende Passquoten

„Er war überragend. Deswegen haben wir ihn geholt, und wir sind sehr froh, dass wir ihn auf dem Platz haben“, lobte RB-Trainer Ralph Hasenhüttl vor knapp zwei Wochen seinen stärksten Akteur. Das 1,85 Meter große Kraftpaket wirkte an der Seite des RB-Kapitäns Willi Orban ebenso geschmeidig und abgeklärt wie selbstsicher. Gefühlt ging kein Lauf- und kein Kopfballduell verloren, und wie die Nummer fünf nebenbei noch das Aufbauspiel lenkte, war eine Augenweide. Ganze drei Fehlpässe notierten die Statistiker im Verlaufe seiner famosen 90 Minuten. Vergessen waren mit dieser der Königsklasse angemessenen Aufführung einige Zweifel, die anfänglich einige Wackler bei seinen bisherigen 17 Bundesliga-Einsätzen gesät hatten.

Beinahe wäre Upamecano heute im Besiktas-Hexenkessel im gleichnamigen Stadtteil seinem Vorgänger begegnet. Die RB-Prämisse, die internationalen Toptalente zu ködern, ehe die noch zahlungskräftigeren Renommierklubs zuschlagen, impliziert den Irrtum gleich mit. Und da taucht beim türkischen Meister einer auf, der mit denselben Vorschusslorbeeren einst im Brauseklub empfangen wurde: Atinç Nukan. Der schlaksige Abwehrmann aus Istanbul galt vor der zweiten Zweitligasaison 2015/2016 als der erklärte Wunschkandidat von Ralf Rangnick, und der RB-Sportdirektor verteidigte die Fünf-Millionen-Investition damals vehement.

Doch der mal gleich mit einem Fünf-Jahres-Vertrag geköderte 1,96-Meter-Hüne war einer von jenen, die beim sächsischen Emporkömmling durchs Rüttelsieb rauschten. Nur ein Jahr später kehrte Nukan leihweise zu jenem Klub zurück, der ihn ausgebildet hatte. Das Leihgeschäft wurde in diesem Sommer verlängert, doch dann riss sich der inzwischen 24-Jährige in der Vorbereitung das Kreuzband und kann dem Team von Trainer Senol Günes nicht helfen. Ob sein Heimatverein nun die vereinbarte Kaufoption zieht, gilt als äußerst ungewiss. Upamecano und Nukan illustrieren anschaulich, welch Chancen und Risiken die spezielle RB-Transferpolitik birgt.

Leipzig könnte indes neben Borussia Dortmund bald am ehesten vom immensen Wachstumspotenzial auf einem ausufernden Markt profitieren: Der bereits für 2018 fixierte 70-Millionen-Deal mit dem FC Liverpool für Mittelfeld-Alleskönner Naby Keita ist womöglich nur der Anfang, denn bei Upamecano soll die Ausstiegsklausel schon mal bei 100 Millionen Euro liegen, wie jüngst der „Spiegel“ berichtete. Ferner soll der französische Juniorennationalspieler monatlich 200 000 Euro kassiert, zuzüglich einer jährlichen Sonderzahlung von zwei Millionen. Weitere drei Millionen soll es für die Unterschrift unter das bis 2021 datierte Arbeitspapier gegeben haben.

Feinschliff in Salzburg

Stimmen die Zahlen, dann kratzt dieser noch gar nicht ausgereifte Jungbulle an der imaginären Gehaltsobergrenze von 4,5 Millionen Euro jährlich. All diese Klauseln seien „wesentliche Vertragsbedingung, ohne die Spieler diesen Vertrag nicht abgeschlossen hätte“, heißt es. Denn als U17-Europameister 2015 befand er sich seit längerem auf dem Scouting-Radar des FC Arsenal, Manchester City, Juventus Turin oder FC Bayern. Dass der in Évreux in der rauen Normandie geborene Upamecano vor zwei Jahren dann zum FC Red Bull Salzburg wechselte, galt als Überraschung.

Nur: Unter das Red-Bull-Dach zu schlüpfen, war für den Feinschliff des Juwels so unvernünftig nicht: Als 16-Jähriger konnte er behutsam über das Farmteam FC Liefering aufgebaut werden. Kaum Stammspieler in der österreichischen Bundesliga bei den Salzburger Bullen, ließ sich Upamecano wie alle heranwachsenden Topkräfte vergangenen Winter in die Hauptfiliale in den Osten Deutschlands transferieren. Spannend, wie der Weg weitergeht. Bekommt er in Frankreichs Nationalmannschaft irgendwann dasselbe Vertrauen wie im Verein, dürfte es schwierig werden, ihn in der Messestadt Leipzig zu halten. Zumal: Ein dreistelliges Millionen-Preisschild ist ja keines mehr, das solvente Interessenten abschreckt.

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