Mainz zeigt Stärke nicht nur auf dem Platz

Obdachlosenhilfe, Fastnachtssitzung – und Fußball wird am Samstagnachmittag natürlich auch gespielt
E s geht in der sich unbarmherzig weiter und immer weiter drehenden Mühle des Profifußballs bisweilen unter, dass Klubs viel Gutes tun und darüber in aller Bescheidenheit nur leise reden – zumal die Medien sich in der Regel lieber mit Gegenpressing- und Tiefenlaufverhalten der Offensivspieler beschäftigen. Mainz 05, am Samstagnachmittag Gastgeber für den Tabellenletzten 1. FC Nürnberg, ist so ein starker Verein, der sich regelmäßig auch um die Schwachen im Land kümmert. Der noch auf Betreiben des ehemaligen Marketingchefs Dag Heydecker im Jahr 2010 gegründete Verein „Mainz 05 hilft“ ist in dieser kalten Tagen mal wieder schwer aktiv gewesen.
Weil harte Winter gerade bei Minustemperaturen für Obdachlose gar lebensgefährlich sein können, kümmern sich die Nullfünfer. Für 10 000 Euro schafften sie Thermounterwäsche, Mützen, Schals, Handschuhe, Isomatten und Schlafsäcke an. Bei der Übergabe an den Verein „Armut und Gesundheit Deutschland e.V.“ waren dann gar die leibhaftigen Profis Niko Bungert und Danny Latza mit vor Ort. Und am Dienstagabend, wenn Mainz 05 erstmals eine Fastnachtssitzung mit rund 800 Gästen inklusive des Profikaders im Kurfürstlichen Schloss der Landeshauptstadt organisiert, wird nicht bloß gefeiert, sondern der Reinerlös unter anderem dem Kinderschutzzentrum Mainz überwiesen.
Die Kraft weicher Faktoren
Bei Mainz 05 haben sie genügend Kraft für solche Aktivitäten, Kraft, die aktuell mit der Power auf dem Fußballplatz korrespondiert. Zuletzt in der Top-Phase unter Trainer Martin Schmidt in der Spielzeit 2015/16 haben die Rheinhessen so gut Fußball gespielt wie jetzt, damals noch mit anderen Schwerpunkten. Schmidt weilte dieser Tage beim Deutschen Medienkongress des Fachmagazins „Horizont“ in Frankfurt und bekundete dort noch einmal im kleineren Kreis das hohe Maß an Herzenswärme, das er in Mainz verspürt habe.
Die weichen Faktoren im Profifußball sollten nicht unterschätzt werden. Zum Wochenstart hat der „Kicker“ in einem lesenswerten Doppelinterview mit den Trainern Christian Streich (Freiburg) und Sandro Schwarz (Mainz) über die in der Branche unübliche Situation gesprochen, dass sie ihre auskömmlichen Traumjobs sogar in ihrer Heimatstadt ausüben dürfen. Schwarz sagte dort unter anderem: „Lebensqualität ist einfach, dass man abends ohne Probleme bei Oma, Tante oder Patenonkel vorbeischauen und die Kinder zu den Großeltern bringen kann.“
Mehr denn je scheint der 05-Chefcoach in sich zu ruhen, die Tatsache, dass seine Mannschaft sich solide weiterentwickelt und entsprechend punktet, hilft nach einer von großem Zittern begleiteten vergangenen Startsaison als Bundesligatrainer natürlich beträchtlich. Seit Ewigkeiten ist Mainz 05 schon nicht mehr als derart haushoher Favorit in eine Partie gegangen wie in die am Samstag, zu der sich bislang 22 000 Besucher angesagt haben, eine Zuschauerzahl, die sich so in der Mainzer Fußballarena bei Gegner ähnlicher Attraktivität wie Nürnberg inzwischen so eingependelt hat.
Was den geplanten Auftritt gegen den Club angeht, kann sich Sandro Schwarz die Geschlossenheit und den Teamgeist der deutschen Handballer wunderbar als Orientierung für seine Truppe vorstellen: „Herausragend, wie die als Mannschaft auftreten.“ Am Freitagabend im Teamhotel wird deshalb nicht nur das Bundesligafußballspiel Hertha BSC gegen Schalke 04 eingeschaltet, sondern ein zweiter Monitor scharf gestellt: Handball-Weltmeisterschaft, Halbfinale in Hamburg: Deutschland gegen Norwegen. Echter Männersport, der auch Mainz-05-Sport sein soll.