Die weichen Faktoren

Der Trainer des FC Bayern soll das Team der Unparteiischen als „weichgespültes Pack“ bezeichnet haben. Der Kommentar.
Später bat Julian Nagelsmann um Gnade, und noch ein bisschen später auch um Entschuldigung. Aber da war es schon zu spät. „Bitte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Es ist nicht alles richtig, was ich sage oder von mir gebe. Deshalb nicht 18 Nachfragen und nicht auf jedes Titelblatt bitte“, sagte er auf der Pressekonferenz. Bei Twitter schrieb er dann, er müsse sich „für die Wortwahl gegenüber dem Team rund um Tobias Welz entschuldigen. „Da bin ich leider eindeutig zu weit gegangen“.
Dennoch muss der Trainer des FC Bayern sich demnächst vor dem DFB-Sportgericht erklären für die Tiraden, die er da am Samstagnachmittag in Richtung der Schiedsrichter von sich gab in den Katakomben des Mönchengladbacher Fußballstadions. Der Verband leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den 35-Jährigen ein. Er hätte es vermutlich auch dann noch getan, hätte er Nagelsmanns Entgleisungen nicht auf ein Gold-, sondern auf eine LKW-Waage gelegt.
„Das ist doch ein Witz, will der mich verarschen oder was?“, sagte Nagelsmann nach der 2:3-Niederlage der Münchner in Mönchengladbach in der Mixed Zone. Genau auf Höhe der wartenden Journalisten. Anschließend verbrachte er zwei Minuten in der Schiedsrichterkabine, und als er wieder rauskam, war er noch wütender als zuvor. Ohrenzeugen zufolge bezeichnete er das Team der Unparteiischen als „weichgespültes Pack“.
Nagelsmann peinlich
Es ging dabei um die wichtigste Szene des vorangegangen Spiels, die Rote Karte für Dayot Upamecano für eine Notbremse. Die war sehr umstritten, keine Frage, aber keineswegs so maßlos daneben, dass Nagelsmann sich nicht ein wenig hätte abregen können in den folgenden zwei Stunden.
„Wenn er nicht will, dass seine Worte auf die Goldwaage gelegt werden, dann muss er in die dritte oder vierte Liga gehen. Da interessiert es keinen, was er erzählt“, sagte Sky-Experte Dietmar Hamann. Für Kollege Lothar Matthäus war „die Wortwahl weit daneben. Jetzt nur Schwamm drüber – damit ist die Sache nicht bereinigt“.
Man möchte sich den beiden anschließen. Natürlich ist Julian Nagelsmann nach wie vor ein sehr junger Trainer mit seinen 35 Jahren. Er ist impulsiv, er ist ehrgeizig, er ist selbstbewusst, er mag es überhaupt nicht, wenn ihm einer ein bisschen komisch kommt und dann auch noch Schiedsrichter ist und dann auch noch eine Entscheidung getroffen hat, die Nagelsmann für grundlegend falsch hält. Wie in Mönchengladbach.
Aber bitteschön: so prollig, so pubertär geradezu wie am Samstag darf ein Trainer des FC Bayern München nicht auftreten. Das ist dann einfach nur ziemlich peinlich. Emotionen hin, Ehrgeiz her.
Nagelsmann, immerhin, scheint das bald selbst gemerkt zu haben. Erst kam die Beschwichtigung, dann die Entschuldigung, und zum Schluss folgt die Läuterung, hoffentlich. Aber erst nach einer verdienten Bestrafung durch die Richter des DFB.