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Die fatale Empfehlung des Thomas Bach

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Von: Daniel Schmitt

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IOC-Präsident Thomas Bach.
IOC-Präsident Thomas Bach. © AFP

Der Rückkehr von Russland und Belarus in den Weltsport steht nach einer Empfehlung des IOC (fast) nichts mehr im Wege. Ein Kommentar.

Thomas Bach hat dann zwar nur den Hintereingang gewählt, dafür vor der sperrangelweit geöffneten Tür gleich mal den roten Teppich ausgerollt. Heißt: Der Rückkehr von Russland und Belarus in den Weltsport steht (fast) nichts mehr im Wege.

Die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und ihres deutschen Präsidenten, Sportlerinnen und Sportler aus den beiden kriegstreibenden Nationen wieder einzugliedern, ist zwar verbal ein recht wachsweich klingender Vorschlag, faktisch aber entfaltet er wuchtig seine beschämende Wirkung. Unter anderem der DOSB, der deutsche Hüter der olympischen Körperertüchtigung, reagierte auf die Nachricht so, wie es IOC-Präsident Bach und Co. erwartet hatten: mit Kritik, das schon, grundsätzlich halte man wenig von der Empfehlung, aber sie missachten werde man eben auch nicht.

Es sei daran erinnert: Mehr als 250 ukrainische Athletinnen und Athleten sind bisher in diesem Krieg ums Leben gekommen. Und nun sollen diejenigen anderen, manche selbst zeitweise an den Waffen, auf Tartanbahnen, in Hallen und Schwimmbecken wieder fröhlich gegen Athlet:innen aus Russland und Belarus wettsporteln? Unfassbar eigentlich, und doch bald Alltag.

Selbstverständlich, es gibt da Argumente, die der IOC-Empfehlung zu Grunde liegen. Jenes etwa, dass der oder die Einzelne nichts kann für die Politik Putins und man keinen Menschen aufgrund seiner bloßen Staatsangehörigkeit ausschließen will. Oder, dass die Wiedereingliederung unter strikten Bedingungen erfolgen soll, wie es heißt. Keine Mannschaften erlaubt, keine aktive Unterstützung des Krieges, keine Militärzugehörigkeit.

Bloß: Was sind diese Worte wert? Wenig bis nichts. Ein Beispiel: So gehen Schätzungen davon aus, dass rund 80 Prozent russischer und belarussischer Sportler:innen Angehörigen der bewaffneten Organe sind, wie das ZDF berichtet. Diese Personen verlässlich herauszufiltern, jeden einzelnen Fall bis ins letzte Detail aufzudröseln - ein schier unmögliches Unterfangen.

Zudem sind die meisten Aktiven seit Jahren Teil des sportpolitischen Systems in Russland, wurden von diesem finanziert und sollten im Gegenzug ihren Präsidenten schmücken mit Medaillen. Und sie bleiben auch jetzt Repräsentanten ihres Landes, ob nun mit oder ohne Hymne, ob mit oder ohne Flagge auf dem Sportdress. Ob sie es wollen oder nicht.

Strikte Neutralität hatte das IOC Russlands Athlet:innen bereits nach dem Staatsdopingskandal von Sotschi, Putins Propagandaspielen, auferlegt. Jedoch ohne große Konsequenzen. Die Staatsmedien feierten ihre Heldinnen und Helden genauso wie vorher, Putin genoss den Triumph über den Westen. Wieso das diesmal anders werden sollte? Darüber hat Thomas Bach geschwiegen. Womöglich weil es gar nicht anders kommen wird.

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