„Die falsche Person auf diesem Posten“

Wolfgang Maier, deutscher Alpinchef, kritisiert den Präsidenten des Internationalen Skiverbands Johan Eliasch scharf
Herr Maier, wie geht es Ihnen zum Ende des Winters? Wie einem Athleten, erschöpft und mit Vorfreude auf die Pause nach dem letzten Weltcup? Oder gibt es das in Ihrer Position nicht?
Also ich freue mich nicht, dass die Saison vorbei ist (lacht). Ich mag die Wettkampftage gern. Aber klar: So eine Saison zieht sich. Am 20. Oktober haben wir angefangen, am 20. März hören wir auf. Das ist schon eine lange, intensive Zeit.
Wie fällt das Fazit des Weltcup-Winters aus? Ist es zu oberflächlich, der Saison den Titel „typisch deutsche Saison“ zu verpassen? Mit ein paar Highlights, ein paar Baustellen und bitteren Verletzungen …
Ja, unsere Saisons weisen Ähnlichkeiten auf. Immer wieder schaffen wir die eine oder andere Überraschung, setzen Akzente. Aber in der Breite ist das für unseren Anspruch zu wenig. Wir erreichen immer etwa dieselbe Anzahl an Top-Zehn-Ergebnisse und an Podien über die letzten vier, fünf Jahre. Ein erfolgreicheres Abschneiden scheitert oft an verletzungsbedingten Ausfällen. Thomas Dreßens Verletzungen oder der Kreuzbandriss von Alexander Schmid werfen uns zurück. Klar stehen zwei WM-Medaillen, inklusive einem Titel, und zehn Weltcuppodien und weitere Top-Ten-Plätze. Gut, aber auch kein Hammerergebnis.
Wo muss man ansetzen? Geht es auch um das von Ihnen angesprochene und im Nachwuchs zu wenig geförderte „Killer-Gen“?
Im Nachhinein war das der falsche Ausdruck. Es klingt doch recht martialisch. Mir ging es darum klarzumachen, dass wir oft zu vorsichtig und nicht aggressiv genug fahren. Bei zehn Podien in einer Saison und mindestens 26 weiteren Plätzen zwischen vier und zehn haben wir es zu oft nicht geschafft, aus diesen Fahrten noch mehr Top-Drei zu holen.
Statt Killer-Gen dann lieber Gnadenlosigkeit?
Ja, das passt auch. Andere Nationen sind uns da beispielsweise voraus. Die legen mehr Wert auf den Wettkampf in der Ausbildung und wir in erster Linie auf die Technik.
Anderes Thema: Die Stimmung zwischen der FIS und vielen nationalen Verbänden ist, formulieren wir wohlwollend, recht angespannt. Wie haben Sie das in diesem Winter erlebt?
Das Thema ist mehrschichtig. Bei den Weltcups ist die Stimmung nicht schlecht, und in erster Linie sind wir ja dazu da, Sport zu machen. Aber es gibt eben nicht nur diesen Blick auf den Sport. Meine Meinung ist, dass mit dem FIS-Präsidenten Johan Eliasch eine völlig falsche Person auf diesem Posten sitzt, die dem Sport mehr schadet als Vorteile bringt. Meiner Meinung nach kann es beispielsweise nicht sein, dass ein FIS-Präsident alleine bestimmt, wie ein Weltcup-Kalender aussieht. Ich bin 15 Jahre im FIS-Weltcupkomitee gesessen. Das höchste Gut der FIS war es, für die Veranstalter eine sichere Planung aufzustellen. Jetzt geht es nicht nur nach sportlichen Voraussetzungen, wie ein Weltcupkalender aufgesetzt wird. Nicht darum, die Verbände mit ihren finanziellen Möglichkeiten zu berücksichtigen, sondern um eine Person, die die Dinge so haben will, wie sie glaubt, dass sie gut sind.
Ist es das Thema, was Sie auch am meisten beschäftigt? Oder doch Pläne von Hallen-Weltcups, die Expansion in neue Märkte, oder mögliche Interessenskonflikte bei Johan Eliasch als Mehrheitseigentümer von Head?
Das ist im Sport draußen weniger Thema. Fraglich sind doch Ideen wie Weltcups in Skihallen. Was willst du mit einem Weltcup in Dubai in der Halle? Ich kenne die Halle, da passen vielleicht 500 bis 800 Zuschauer rein, und dann wird gleichzeitig von einem Weltmarkt gesprochen. Von der Ökobilanz einer solchen Veranstaltung ganz zu schweigen. Wir sind eine Randsportart und nicht Fußball oder Basketball, die saisonunabhängig sind. Wir sind eine Wintersportdisziplin und damit auch abhängig vom Winter. Ich habe auch die Hoffnung, dass die Wirtschaftlichkeit das Thema regelt. Es kann sich kaum einer leisten, all diese skurrilen Ideen des Präsidenten mitzugehen. Wir zumindest nicht, und dann müssen wir irgendwann konsequent sein und sagen, wo wir nicht mehr dabei sein können.
Im besten Fall nicht allein, sondern zusammen mit anderen europäischen Verbänden, mit denen es ja auch eine Zusammenarbeit gibt seit ein paar Monaten.
Wir sind mit Schweiz und Österreich in dieser Kooperation und mit anderen Verbänden in Abstimmung.
Wie ließe sich das System ändern?
Wichtig wäre mir, dass die Menschen in den Gremien mit den entsprechenden Aufgaben im Sinne des Sports handeln und das eigene Interesse hintanstellen.
Interview: Thomas Jensen